Peter Zincke
Großbauer, Stadtrat, Mitglied des ev. Gemeindekirchenrats, Stifter
(* 03.09.1775 in Magdeburg-Sudenburg; † 18.08.1850 in Magdeburg-Sudenburg)
Johann Georg Peter Zincke war ein Sudenburger Großbauer und Fabrikdirektor, er war Sudenburger
Stadtratsmitglied und bedeutender Stifter.
Der Nachname ist in der Schreibweise "Zinke" und "Zincke" zu finden.
Leben:
Johann Georg Peter Zincke wird am 03.09.1775 als Sohn des Sudenburger Ackermanns Johann Georg Zinke[?]
geboren. Über die Mutter ist nichts bekannt. Als wohl ältester oder einziger Sohn übernimmt Peter Zincke den elterlichen Hof.
Dieser liegt etwas außerhalb der alten Sudenburg, an der Heerstraße nach Halberstadt.
Zwei Schwestern Zinckes sind bekannt:
Dorothee Elisabeth ZINCKE (* um 1755, † 10.04.1796 in Magdeburg).
Sie heiratet am 11.11.1775 (oder 03.12.1875) Johann Joachim HENNIGE in Magdeburg.
Sara Susanne Johanne Zinke (* unb., † 30.11.1812).
Sie heiratet den Zichorienfabrikanten und Gutsbesitzer Johann Heinrich Schneider.
Die Zinckes und Schneiders sind Nachbarn. Die Grundstücke liegen an der heutigen Halberstädter Straße,
rechts und links der Einmüdung Jordanstraße.
Zincke nutzt Ende des 18. Jahrhunderts die Gunst der Zeit. Neben der normalen Landwirtschaft baut er vermehrt Zichorien an, die immer
mehr nachgefragt werden. Aus den Wurzeln der Pflanze wird ein Kaffeezusatz bzw. Ersatzkaffee hergestellt, den sich auch die ärmere
Bevölkerung leisten kann. Zincke liefert die Zichorienwurzeln an die Zichorienfabriken in seiner direkten Nachbarschaft, die ab 1788
in größerer Zahl in der Sudenburger Feldmark gegründet werden und kommt so zu einigem Wohlstand.
Ein einschneidendes Ereignis ist die Niederlage Preußens 1806 gegen die Napoleonische Armee und die folgende Besetzung Magdeburgs durch die
Franzosen. Zunehmende Repressalien und Abgaben machen den Bürgern das Leben schwer und bringen sie immer mehr gegen die Besatzer auf.
Am 22.04.1810 verstirbt Zinckes Schwager, der Fabrikant Johann Heinrich Schneider an Typhus. Peter Zincke springt ein und übernimmt
als Direktor die Leitung der Schneider'schen Zichorienfabrik. Seine Schwester, die Witwe Sara Susanne Johanne
Schneider, betreut ihre fünf minderjährigen Kinder.
Ein weiteres einschneidendes Erlebnis folgt im Frühjahr 1812: In Vorbereitung seines Russlandfeldzuges befielt Napoleon den Abriss
der Sudenburg und von Teilen der Neustadt, um Schussfreiheit für die Festung Magdeburg zu erhalten. Zincke hat Glück, sein Hof liegt weit genug
entfernt und ist vom Abrissbefehl nicht betroffen. Die betroffenen Hausbesitzer sollen zwar mit Ersatzland entschädigt werden,
die Zuteilung war aber noch nicht vorbereitet. Notgedrungen campierten die nun obdachlosen Hausbesitzer mit ihren Familien und den Resten ihrer
Habe unter schwersten Bedingungen auf dem Sudenburger Anger, in Sichtweite von Zinckes Hof. Sie hausen in Zelten oder notdürftig zusammengezimmerten
Hütten. Einige Familien bleiben gar in die Kellern ihrer niedergelegten Häuser. Erst im Herbst 1812 erfolgt die Landzuteilung. Einige schaffen es noch vor dem
Winter ihr Haus neu zu errichten, die meisten Familien müssen aber auch noch den Winter auf dem Anger verbringen, bis sie endlich mit
ihrem Hausbau im heutigen Sudenburg beginnen können.
Die grundbesitzlosen Sudenburger hatte es noch schlimmer getroffen. Sie waren auf sich gestellt, ihnen wurde nicht geholfen. Über
ihren Verbleib ist nichts überliefert.
Zinckes Schwester Sara Susanne Johanne Schneider erlebt den Abriss der Sudenburg noch mit, verstirbt aber am 30.11.1812 an Scharlach.
Peter Zincke übernimmt die Vormundschaft der weiterhin unmündigen Schneider-Kinder und führt Hof und Zichorienfabrik in deren Namen unter der
Bezeichnung "Schneider's Erben" weiter.
Jüngstes der Kinder ist der am 26.06.1809 geborene Eduard Carl Ludwig Schneider, der beim Tod
der Mutter gerade einmal 3,5 Jahre alt ist. Zincke ermöglicht Ludwig eine gute Ausbildung. Er wird sich u.a. als Politiker, Botaniker und Bürgermeister
von Schönebeck/Elbe einen Namen machen.
Die Situation der Sudenburger verschärft sich Ende 1813 erneut. Nach der Völkerschlacht von Leipzig werden viele Soldaten der unterlegenen Franzosen in Magdeburg
einquartiert. Dies trifft auch Sudenburg. Die schlecht versogten und von Preußisch/russischen Truppen blockiereten Soldaten bedienen
sich bei den Einheimischen mit Nahrungsmitteln und Feuerholz. Die Neuansiedler, die selbst kaum etwas haben, trifft dies noch einmal besonders. Erst
nach Kapitulation und Abzug der Franzosen kehrt langsam Ruhe in der Region ein und der Aufbau der neuen Sudenburg kann planmäßig beginnen.
Möglicherweise haben die Eindrücke dieser Zeit Peter Zincke dazu bewegt, sich fortan politisch, kirchlich und sozial in Sudenburg zu engagieren.
Bereits 1815 gehört Zincke dem neuen neunköpfigen Sudenburger Magistrat an. Schwerpunktmäßig engagiert er sich für die
Unterstützung der Armen und den Sudenburger Friedhof.
Im ersten Magdeburger Adressbuch von 1817 steht: "Zinke, Peter, Cichorienfabr., 12". Der Nachname hier noch ohne "c". Die 12 ist seine Grundstücksnummer,
Straßennamen gab es noch nicht. Die Berufsbezeichnung "Cichorienfabrikant" deutet darauf hin, dass er noch immer die Schneider'sche Cichorienfabrik leitete.
Im Adressbuch von 1823 wird er als Magistratsmitglied wie folgt geführt:
"Zincke, Peter, Cichorien-Culturvateur und Ackermeister, Mitglied des Allmosen-Collegiums, und Rendant der Armenkasse, Leipzigerstraße 15."
Zincke scheint die Fabrikleitung inzwischen an die volljährigen Schneiderkinder übergeben zu haben, da er nur noch mit Cichorien-Cultivateur und Ackermeister
bezeichnet wird. Die Adresse lautet nach einer Umbenennung "Leipziger Straße 15", später wird es zu "Breiter Weg 128",
heute ist es Halberstädter Straße 40.
08.10.1826: Späte Heirat mit Marie Catharina Sophie Zincke, geb. Naumann. Zincke ist bereits 51 Jahre alt. Die Ehe bleibt kinderlos,
aber Sofie Zincke kümmert sich liebevoll um den inzwischen 17-jährigen Ludwig Schneider.
Zincke wird 1832 als Rathmann wiedergewählt.
[Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg Nr. 31, vom 04.08.1832]
1835 stiftet Zincke 2 Morgen Ackerland zur Erweiterung des Sudenburger Friedhofs, der an seine Kapazitätsgrenzen gekommen ist.
Die nächste Stiftung folgt bereits im Folgejahr. Zincke stiftet ein "Leichenhaus", das am Eingang zum Friedhof in der Kirchhofstraße
errichtet wird. Drei Zwecke verfolgt Zincke damit:[3]
"1. Verhütung des Lebendigbegrabens; (Das Schrecklichste aller Schicksale des Menschen).
2. Zeitige Entfernung der Leichen aus engen Wohnungen armer Familien, und
3. Verminderung des Beerdigungs-Aufwandes, bei der ärmeren Volksklasse."
Zincke stattet das Leichenhaus mit den neuesten Beobachtungs- und Wiederbelebungsapparaten aus, die er extra in Leipzig fertigen läßt.
In den weiteren Räumen des Hauses entstehen ein Schulraum für die 2. Sudenburger Schulklasse, eine kleine Wohnung für den Lehrer,
ein Beratungszimmer für den Sudenburger Magistrat und eine Gefängnisstube. Das Haus wird am 28.04.1836 feierlich eröffnet.
Für den Altar die St. Ambrosiuskirche spendet Zincke 1837 eine Silberne Weinkanne im Wert von 100 Talern, für die Durchführung des Abendmals.
[Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg Nr. 40, vom 07.10.1837]
Als der Friedhof der stark wachsenden Sudenburg 1839 schon wieder an seine Belastungsgrenze stößt, stiftet Zincke erneut 2 Morgen
Ackerland zur Erweiterung.
1839: Cichorienfabrik (Zichorienanbau und -darre) Schneider's Erben wird noch geführt.
Quelle: Das Handbuch der Provinz Sachsen, 1839
(1842 ist die Fabrik nicht mehr gelistet)
1841 ist er immer noch Ratmann in Magdeburg-Sudenburg.
Gemeinsam mit der Familie des Bürgermeisters Lömpcke vervollständigt Zincke das Abendmalgeschirr für die Ambrosiuskirche.
Zincke schenkt eine zweite silberne Weinkanne (wie 1837), die befreundete Familie Lömpcke steuert einen silbernen, innen
vergoldeten Kelch und einen silbernen, vergoldeten Oblatenteller bei.
[Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg Nr. 18, vom 01.05.1841]
(https://gemmag.dynv6.net/1909/vf3_surn.html)
18.08.1850: Im Alter von 74 Jahren verstirbt Peter Zincke in Magdeburg-Sudenburg. Seine letzte Ruhe findet er in seiner
Familiengruft, die er selbst bereits auf "seinem" Sudenburger Friedhof hatte anlegen lassen. Am 20.08.1850 erscheint folgende Todesanzeige
in der Magdeburger Zeitung:
"Es hat dem Herrn über Leben und Tod gefallen heute
Abend 1/2 11 Uhr meinen mir unvergeßlich lieben Mann,
und unseren guten Onkel, den Oekonom Johann Georg
Peter Zincke, im 75. Lebensjahre nach einem 2tägigem
Kranksein von dieser unvollkommenen Welt in die Ewig-
keit abzurufen. Seinen vielen Verwandten und Freunden
widmen wir diese traurige Nachricht und bitten um stilles
Beileid. Sudenburg, den 18. August 1850.
Die tiefbetrübten Hinterbliebenen."
Da Zincke kinderlos blieb, gründete er testamentarisch fünf Stiftungen, in die er sein gesamtes Vermögen einsetzte. Seiner Ehefrau Sophie sprach er jedoch den Niesbrauch seines Vermögens bis zu ihrem Tod oder bis zu einer Wiederverheiratung zu. Die 5 testamentarisch am 17.08.1850 gegründeten Stiftungen sind:
1. Zincke'sche Armenstiftung (mit Kapitalvermögen)
Zweck: Unterstützung von 8 gottesfürchtigen Armen in Sudenburg, Vorschlag durch den Gemeindekirchenrat von St. Ambrosius.
2. Zincke'sche Landwehr-Stiftung (Kapitalvermögen und ca. 2 ha Land)
Zweck: Unterstützung von hilfsbedürftigen Sudenburgern und deren Familien, die im Militärdienst verwundet wurden, gestorben oder in Gefangenschaft geraten sind.
3. Zincke'sche Stiftung (Hauptstiftung) (hohes Kapitalvermögen und 127 Morgen Acker, Wohngebäude sowie ca 45 ha Acker + Wiese)
Zweck: Bestreitung der Kosten der Sudenburger Armenpflege, festliche Speisung arbeitsunfähiger, gottesfürchtiger Armer der Sudenburg am 03.09. jeden Jahres (Zinckes Geburtstag), Verteilung von Erträgen an Sudenburger Waisen, Unterhaltung des Stiftungsgebäudes.
4. Zincke'sche Turmbaustiftung (Kapitalvermögen und 8 Morgen Ackerland)
Zweck: Bau eines Kirchturms an die turmlose (5.) Ambrosiuskirche.
5. Zincke'sche Grabgewölbestiftung (Kapitalvermögen und ca. 45 ha Acker)
Zweck: Erhaltung und Pflege des Zincke'schen Grabgewölbes, sowie das Schmücken der Särge der Eheleute am Todestag mit Blumen und Kränzen und eine Gedächtnisrede des Sudenburger Pfarres.
Bereits kurz nach Zinckes Tod wird mit der Abwicklung seiner Landwirtschaft begonnen. Für den 31.08.1850 wird in der Magdeburger Zeitung die Versteigerung von 170 Schafen und zwei Düngerhaufen angekündigt:
17.06.1858: Sophie Zincke verstirbt nach längerem Leiden im Alter von 69 Jahren und wird neben ihrem Ehemann in der Familiengruft auf dem (Alten) Sudenburger Friedhof beigesetzt.
Mit dem Tod von Sophie Zincke endet auch ihr Nisbrauchsrecht auf die Stiftungen. In mehreren Versteigerungen wird der Zincke'sche Nachlass versteigert. Zunächste der gesammte Hausrat, vom Küchenutensil, Porzellan, Möbel, Gemälde und "Silberzeug", bis zu Zaumzeug und Kutsche. Wegen der Masse an Hausrat werden mehrere Versteigerungstage angesetzt. Geplant war sie für den 12. und 13.08.1858 und ggf. noch den Folgetag auf dem Zincke'schen Gehöft (Breiter Weg 128).
Am 25.08.1858 sollen die "auf dem zum Nachlasse des Rathmanns Peter Zincke gehörigen, allhier am Breitenwege sub Nr. 128 belegenen Gehöfte befindliche erste Scheune nebst dem dahinter stehenden Stalle, einschließlich des dazugehörigen Hoftheiles ... bestbietend auf dem hiesigen Rathause verkauft werden"
Über den Käufer ist nichts bekannt. Möglicherweise der Kaufmann Jordan (Fa. Bethge & Jordan), der dort um 1870 seine Fabrikantenvilla (heute Halberstädter Straße 40) errichten läßt.
1864/65 das Peter-Zincke-Stift wird gebaut.
In den 1930er Jahren wurde in Magdeburg-Fermersleben zu Ehren Peter Zinckes eine neu angelegte Straße benannt. Das Areal
für das Baugebiet erwarb die Stadt Magdeburg von der Zincke'schen Hauptstiftung.