Ein kleiner "virtueller Rundgang" durch Sudenburg

B_Rundgang/Ambrosiusplatz150.jpg

Kirche St. Ambrosius
Die Kirche St. Ambrosius.

Wir starten im historischen Zentrum des 1812 nach französischen Plänen neu angelegten Sudenburg.
Mitten auf dem ehemaligen Markplatz steht das Wahrzeichen Sudenburgs, die evangelische Kirche St. Ambrosius.
Die 1877 geweihte Kirche ersetzt einen an gleicher Stelle errichteten, 1822 fertig gestellten kleineren Vorgängerbau gleichen Namens. Bis 1822 hatte das neue Sudenburg noch keine Kirche. Es gab nur einen Betsaal, der unter königlichem Patronat stand.

Die heutige Ambrosiuskirche ist bereits die sechste Kirche in der über tausendjährigen Geschichte Sudenburgs, die dem heiligen Ambrosius von Mailand geweiht bzw. nach ihm benannt wurde. 1544 hielt die Reformation in Sudenburg Einzug und die damalige (2.) Ambrosiuskirche, an der heutigen Danzstraße in Domnähe gelegen, erhielt erstmals einen lutherischen Pfarrer.
Anm.: Die Geschichte der Kirchen St. Ambrosius wird in der Chronik ausführlich behandelt.

Auf der Ostseite des Platzes befindet sich das Gebäude der ehemaligen Sudenburger Feuerwache, das heute als Kulturzentrum genutzt wird. Der rechte Gebäudeteil diente früher als Erweiterung des kleinen Sudenburger Rathauses, das sich rechts neben der Feuerwache, an der Halberstädter Straße befindet.

Kulturzentrum Feuerwache
Kulturzentrum Feuerwache.
Altes Sudenburger Rathaus
Altes Sudenburger Rathaus.

B_Rundgang/Hesekielstr150.jpg

Die ehemalige Marktstraße beginnt hinter der Ambrosiuskirche. Sie wurde zu Ehren des Pfarrers Johannes Hesekiel umbenannt, der durch sein Engagement den Bau der heutigen Ambrosiuskirche maßgeblich mit ermöglichte. Direkt an der Ecke zum Ambrosiusplatz liegt das alte Pfarrhaus der Ambrosiusgemeinde. Beachtenswert ist das erhaltene, in die Fassade eingearbeitete Wandrelief. Das Haus dürfte im Zusammenhang mit dem Bau der 1822 geweihten 5. Ambrosiuskirche entstanden sein. Das Pfarrhaus und die kleine Kirche für das neue Sudenburg wurden vom preußischen König finanziert.

Altes ev. Pfarrhaus
Altes evangelisches Pfarrhaus.
Wandrelief am Pfarrhaus
Wandrelief am Pfarrhaus.

Schräg gegenüber dem alten Pfarrhaus, an der Ecke zur St.-Michael-Straße, befindet sich das wohl heute älteste Haus Sudenburgs, das früher die erste Schule des neuen Sudenburg beherbergte. Entstanden ist das Fachwerkgebäude, ebenfalls finanziert durch den preußischen König, zwischen 1814 und 1820. Das genaue Entstehungsjahr ist wohl leider nicht mehr zu ermitteln. Es ist wahrscheinlich, dass beide Häuser 1818 entstanden.

Erstes Sudenburger Schulhaus
Die erste Sudenburger Schule.

B_Rundgang/HalberstaedterStr150.jpg

Die "Halber" ist die Hauptstraße und das Geschäftszentrum Sudenburgs. Die von den Franzosen angelegte Heerstraße nach Halberstadt wurde 1812 als Standort für die Neuanlage der abgerissenen Sudenburg festgelegt. Heute verbindet die alte Heerstraße die Magdeburger Altstadt mit dem Stadtteil Ottersleben. Eine überregionale Bedeutung für den Fernverkehr hat sie nicht mehr.
Während sich nahe des historischen Zentrums das Geschäftsleben entwickelte, entstanden auf den damals noch unbebauten Grundstücken zwischen Zentrum und der Magdeburger Altstadt Fabriken. Hauptsächlich Zichorien- und Zuckerfabriken säumten diesen Straßenabschnitt, etwas später kam auch der Maschinenbau dazu. Nur noch wenige erhaltene Industriegebäude erinnern an diese Zeit, jedoch sind die meisten Fabrikantenvillen an der Straße erhalten geblieben und heute unter Denkmalschutz gestellt.

Halberstädter Straße 1
Die Halberstädter Straße:
Halberstädter Straße 2
Hauptstraße und Einkaufsmeile Sudenburgs.

Gegenüber dem Ambrosiusplatz, Ecke Kirchhofstraße, steht eines der imposantesten Gebäude Sudenburgs, der Goldene Löwe.
Bereits seit den 1820er Jahren wird auf dem Grundstück Gastronomie betrieben. Viele Sudenburger Vereine gründeten sich dort und nutzten ihn für ihre Versammlungen und Veranstaltungen. Das Gebäude verfiel während der DDR-Zeit zusehends, auch in der Nachwendezeit setzte sich sein Niedergang fort. Glücklicherweise fand sich ein Investor, der sich dieser traditionsreichen Immobilie annahm und sie grundsanieren ließ. Mit Abschluss der Sanierung (2013) ist der Goldene Löwe wieder zu einem Schmuckstück der Halberstädter Straße geworden und die Löwenfigur erstrahlt wieder (wenn auch in eher gelber Farbe) über dem Stadtteil.

Zum goldenen Löwen 1
Der "Goldene Löwe"
Zum goldenen Löwen 2
Auf dem Dach liegt er...

Viele traditionsreiche Geschäfte befinden sich an der Halberstädter Straße. Schauen wir uns zwei davon etwas genauer an:

Ebenfalls gegenüber dem Ambrosiusplatz befindet sich die 1831 gegründete Alte Apotheke. Sie war die erste Apotheke Sudenburgs und wurde ca. 180 Jahre als solche betrieben. Erst vor wenigen Jahren musste sie der letzte Betreiber altersbedingt aufgeben.
Heute beherbergt das Gebäude ein Kaffee, in dem das Flair der alten Apotheke erhalten ist. Sehenswert sind, neben der alten Holzdecke, die vielen mit Schnitzereien versehenen Einrichtungsgegenstände und Apothekenutensilien.
Die Hausfassade zur Friedenstraße ziert heute ein kleines Kunstwerk: Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass die Fenster in der Fassade nicht echt, sondern "nur" aufgemalt sind.

Alte Apotheke 1
Die "Alte Apotheke"
Alte Apotheke 1
"Fensterfront" in der Friedenstraße.

Ein weiteres Traditionsgeschäft befindet sich nahe der Einmündung Heidestraße. 1835 gründete der Uhrmachermeister Carl Meyer das Geschäft Uhren Meyer, das über vier Generationen vom Vater auf den Sohn überging. Da der letzte Sohn, Richard Meyer, kinderlos blieb, verkaufte dieser das Geschäft 1996 an die Familie Krietsch, die es im Sinne der Meyers weiterführt. Die Meyers spezialisierten sich auf den Bau von Turmuhren. Die erste Turmuhr wurde für die Sudenburger Maschinenbauanstalt und Eisengießerei hergestellt. Nach dem Niedergang des Unternehmens erwarben die Meyers die Werksuhr aus der Konkursmasse und bauten sie in die Fassade ihres Hinterhauses ein. Heute zeigt sie den Passanten in der Heidestraße, was die Stunde geschlagen hat. Auch die Turmuhren der beiden Sudenburger Kirchen St. Ambrosius und St. Marien stammen aus dem Hause Meyer. Beachtenswert ist der Spruch auf der von Richard Meyer am Haus angebrachten Tafel (siehe Bild rechts). Seit Ende 1991 erklingt zu jeder vollen Stunde ein Glockenspiel, das ebenfalls die Hausfassade ziert.

Uhren Meyer 1
Uhren Meyer, das Glockenhaus.
Uhren Meyer 2
"Spruch an der Hausfassade.

Nahe dem Zentrum, gegenüber dem Eiskellerplatz, befindet sich die Villa Steffens. Ferdinand Steffens ließ sie sich 1881 auf dem Gelände seiner Zucker- und Schokoladenfabrik errichten. In der Fabrik produzierte er unter anderem die "Dom-Schokolade" und Süßwaren. Teile der alten Fabrik, hinter der Villa gelegen, sind erhalten und gehören heute zum Komplex der Eiskeller-Passage.
Das Fabrikgelände, das sich bis zur heutigen Salzmannstraße erstreckte, war bereits vor der Neugründung Sudenburgs industrieell genutzt. Der Kaufmann Hammer gründete hier 1811 eine Rübenzuckerfabrik. Später betrieb die Firma Müller & Weichsel hier eine große Tabak-, später Rübenzuckerfabrik und im hinteren Teil des Geländes, an der heutigen Salzmannstraße, eine Zichorienfabrik, in der auch eine Dampfmaschine zum Einsatz kam. In den 1930er Jahren wurde auf dem hinteren Geländeteil der GutsMutsWeg mit seiner Wohnbebauung angelegt, das einzige Wohnungsneubauprojekt Sudenburgs während der Nazizeit. Zwischen Villa und GutsMutsweg wurde nach der Wende die "Seniorenresidenz am Eiskellerplatz" errichtet.

Villa Steffens
Villa Steffens.
Uhren Meyer 2
Erhaltene Gebäude der Schokoladenfabrik.

Bewegen wir uns entlang der "Halber" in Richtung Altstadt Magdeburg, vorbei an vielen liebevoll sanierten gründerzeitlichen Wohnhäusern und Villen.
An der Kreuzung Südring fällt eine Fassade auf, die mit der Rekonstruktion des alten Siegels der Stadt Sudenburg geziert ist.
Auf einem Schild sind dargestellt: Eine Stadtmauer mit zwei Türmen, die das Stadtrecht symbolisieren. Zwischen den Türmen ist ein Bischof mit Nitra und Stab abgebildet, der den heiligen Ambrosius darstellt, den Schutzpatron von Sudenburg. Im geöffneten Stadttor ist ein Löwe abgebildet, im Mittelalter ein Symbol für die sich siegreich ausbreitende Kirche.
Das Siegel, in ähnlicher Darstellung, wurde dem Rat der Sudenburg im Jahre 1418 vom Magdeburger Erzbischof Günther von Käfernburg verliehen. Im Jahre 1398, zwanzig Jahre zuvor, hatte die Sudenburg das Stadtrecht erhalten.

Sudenburger Siegel
Das Sudenburger Siegel.


Auf Höhe der Haltestelle Jordanstraße fällt ein ungewöhnliches Gebäude ins Auge: Die Villa Jordan bzw. Drevenstedt.
Sie ist, wie weitere in diesem Bereich, ein Überbleibsel der Industrialisierung Sudenburgs. 1870 ließ sie sich der Kaufmann Wilhelm Jordan errichten, der mit seinem Partner auf dem dahinter liegenden Gelände die Schokoladen-, Zuckerwaren- und Zichorienfabrik Bethge & Jordan betrieb. Nach Jordans Tod wurde dem engagierten Sudenburger zu Ehren eine Straße benannt, die links von der Villa beginnt: Die Jordanstraße.
1917 kaufte Albert Drevenstedt Grundstück und Villa und betrieb mit seinem Partner Willi Sondershausen auf dem Gelände die Konserven- und Nährmittelfabrik Albert Drevenstedt & Co. Da Drevenstedts Sohn Ernst-Henning im zweiten Weltkrieg fiel, führte Tochter Ingeborg (John) nach dem Tod des Vaters die Firma mit Sondershausen weiter. Nach Ingeborgs Tod (1970) wurde die Firma 1972 enteignet und in "Volkseigentum" überführt. Heute ist nur noch die Villa erhalten, das ehemalige Fabrikgelände ist neu bebaut.

Villa Jordean Drevenstedt 1
Villa Jordan / Drevenstedt.
Villa Jordean Drevenstedt 2
Haupteingang der Villa.

Im Bereich der Überführung des Magdeburger Ring über die Halberstädter Straße stoßen wir auf das letzte erhaltene Rayonhaus auf Sudenburger Gebiet. Weitere dieser Häuser wurden abgerissen, oder im Krieg zerstört. Die Rayonhäuser lagen im Schussfeld der Festung Magdeburg, das in zwei Rayonbezirke eingeteilt war. In diesem Bereich durften Gebäude nur unter strengsten Auflagen errichtet werden. So mussten sie innerhalb kürzester Zeit demontierbar sein, um freies Schussfeld für die Festung zu erhalten und dem Feind keine Deckungsmöglichkeit einzuräumen. Die Auflagen gingen soweit, dass in den Häusern teilweise nicht einmal tapeziert werden durfte.
Weitere erhaltene Häuser dieser Klasse stehen entlang der Leipziger Straße. Sie gehören jedoch heute nicht mehr zu Sudenburg, sondern zum nach der Wende künstlich geschaffenen Stadtteil Leipziger Straße, der zum allergrößten Teil aus ehemaligem Sudenburger Gebiet besteht.

Sudenburger Rayonhaus
Das letzte Sudenburger Rayonhaus.


Direkt hinter der Einmündung Sudenburger Wuhne liegt der 1906 errichtete Justizpalast, in dem heute das Landgericht seinen Sitz hat.
Der Gebäudekomplex wurde beim letzten Luftangriff auf Magdeburg, am 18.04.1945, nur einen Tag vor dem Einmarsch der Amerikaner, größtenteils zerstört. Der erhaltene linke Gebäudeflügel lässt nur zum Teil erahnen, was hier früher für ein wahrlich palastähnliches Gebäude gestanden hat. Das imposante Mittelportal mit seinen zwei Türmen wurde leider völlig zerstört.
Während der DDR-Zeit lag der zerstörte Gebäudebereich brach. Erst nach der Wende beschloss man einen Wiederaufbau. Der neue Gebäudeteil zeigt die Abmessungen des alten Gebäudes und das neue Mittelportal soll wohl symbolisch die alten Türme repräsentieren, die im Stile des kleinen Seitentürmchens, ehemals das Gebäude hoch überragten. Der ehemalige rechte Gebäudeteil war ein Spiegelbild des noch vorhandenen linken. Heute wirkt er mit seiner Fensterteilung und der Dachgestaltung auf mich wie eine Abstraktion des alten Flügels, wobei weder auf die historische Fassadengestaltung, noch auf die Geschosshöhen Rücksicht genommen wurde. Die Architekten haben sich sicher einiges gedacht, aber letztendlich ist hier ein zweckmäßiger Anbau entstanden, der die Architekturmode jener Jahre wiederspiegelt. Die verspringende Geschossgestaltung des neuen Mittelportals ist x-fach (ähnlich) kopiert und es könnte auch gut in ein Möbelhaus führen. Für sich betrachtet wirkt die Fassade des neuen Ostflügels auf mich einfach nur kalt.
Das ist natürlich nur meine subjektive Meinung und ein anderer mag diesen Neubau für modern, gelungen und gar revolutionär halten. Ich mag ihn einfach nicht, weil er das Straßenbild sprengt.

Der Erhaltene Teil des Justizpalastes
Der Erhaltene Teil des Justizpalastes.
Neubau am Landgericht
Neubau nach der Wende.

Zum Vergleich eine Postkarte von 1915 aus meinem Archiv, die den zerstörten Bereich des alten Justizpalastes zeigt.

Postkarte Justizpalast 1915
Historische Ansicht des zerstörten Bereichs.


Hinter dem Justizpalast liegt ein Gebäude, dass man sicher mit einem unguten Gefühl betritt: Das Gefängnis Sudenburg.
Die Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete Strafanstalt wurde 2013 stillgelegt, da sie den modernen Anforderungen nicht mehr entsprach. Warum wir auch diesen düsteren Ort besuchen, erkläre ich nach dem nächsten Objekt.

Sudenburger Strafanstalt
Die 2013 stillgelegte Sudenburger Strafanstalt.


Wir erreichen nun das Ende der Halberstädter Straße und stehen vor dem Gebäudekomplex Magdeburger Polizeipräsidium.
Das 1913 eröffnete Gebäude wurde u.a. errichtet, um den Bürgern eine zentrale Anlaufstelle zur Erledigung ihrer Anliegen zu schaffen. Einwohnermeldeamt, Fundbüro, KFZ-Büro lagen vorher an unterschiedlichen Standorten, über die Stadt Magdeburg verteilt. Heute ist das Gebäude der Sitz des Innenministeriums des Landes Sachsen-Anhalt.

Innenministerium von Sachsen-Anhalt (1)
Das ehemalige Polizeipräsidium.
Innenministerium von Sachsen-Anhalt (2)
Heute Innenministerium von Sachsen-Anhalt.

Justizpalast, Strafanstalt und Polizeipräsidium waren Hauptschauplatz des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 in Magdeburg.
Beim Versuch der Befreiung der politischen Häftlinge aus der Strafanstalt kam es zu einem Schusswechsel, der Menschenleben auf beiden Seiten forderte. Mit dem Anrücken sowjetischer Panzer wurde der Aufstand am Nachmittag niedergeschlagen. Der Platz östlich des ehemaligen Polizeipräsidiums wurde in Gedenken an diesen Tag in Platz-des-17.-Juni umbenannt.
Der Straßenabschnitt zwischen dem Platz und der Altstadt (ehemals Teil der Hallische Str.) trägt heute den Namen Herbert-Stauch-Straße, benannt nach Herbert Stauch, der als angeblicher Rädelsführer des Aufstandes verhaftet, in einem kurzen Scheinprozess am 18. Juni von einem sowjetischen Militärtribunal zum Tode verurteilt und unmittelbar nach der Urteilsverkündung hingerichtet wurde. Erst Anfang der 1990er Jahre wurde Stauch rehabilitiert.

Am Ministerium wurde nach der Wende folgende Gedenktafel angebracht:

Gedenkplatte 17. Juni 1953
Gedenkplatte am ehemaligen Polizeipräsidium.

Bewegen wir uns nun zurück in Richtung historisches Zentrum und wenden uns wieder schöneren Dingen zu.
Gegenüber dem Gericht entdecken wir ein Gebäude, das wieder etwas mehr für das Auge bietet: Die Villa Burchardt.
Der Kaufmann Max Burchardt erwarb 1900 das Grundstück und ließ sich die Villa als Altersruhesitz erbauen. Die Burchardts betrieben eine Zuckerfabrik, die auf dem Grundstück des späteren Justizpalastes lag. Die Fabrik wurde durch einen Brand völlig zerstört und nicht wiedererrichtet. 1948 wurde in der Villa die Magdeburger Kinderklinik untergebracht. Heute, liebevoll saniert, wird sie als Seniorenwohnanlage genutzt.

Villa Burchard
Villa Burchard.

B_Rundgang/Schneidersgarten150.jpg

Schauen wir auf dem Rückweg ein wenig in die Seitenstraßen. Über die bereits angesprochene Jordanstraße erreichen wir die Straße Schneidersgarten. Sie liegt in der Wohnsiedlung Schneidersgarten und hier liegt auch unser Ziel, der Schneidersgarten.
Kann so viel 'Schneidersgarten' Zufall sein? Nein. Das Gelände zwischen der Jordan- und Brunnerstraße gehörte früher dem Rittergutsbesitzer Schneider. Als die Familie nach Bayern verzog, wurde das Gelände zu Wohnungsbauzwecken vermarktet und bebaut. Auf Wunsch der Sudenburger Bürger gelang es, den großzügen, parkähnlichen Garten des Gutes zu erhalten. Der Schneidersgarten ist bis heute der einzige öffentliche Park Sudenburgs. In der Mitte des Parks liegt (denkmalgeschützt) die Familiengrabanlage der Schneiders.

Der Park Schneidersgarten
Der Park "Schneidersgarten".
Grabanlage Familie Schneider
Die Grabanlage der Familie Schneider.

B_Rundgang/Klausenerstr150.jpg

Hinter dem Südring treffen wir auf die Klausenerstraße. Als Westendstraße angelegt, war sie die erste Villensiedlung Magdeburgs. Viele bekannte Magdeburger Industrielle, Ärzte, Bänker, eben alles was Rang und Namen hatte, ließen sich dort nieder. Die meisten Villen sind erhalten und stehen unter Denkmalschutz. Beispielhaft schauen wir uns mal zwei an.

Gleich beim Betreten der Straße erblickt man die imposante Villa Wolf. Erbauen ließ sie der Bankier Marcks, der sie jedoch bereits nach kurzer Zeit an den Industriellen Rudolf Wolf verkaufte, dem Besitzer der Maschinenfabrik Wolf Buckau. Nach dem Krieg kaufte die jüdische Gemeinde das Anwesen, musste es aber 1960 an die Staatsmacht abtreten, die daraufhin von dort aus ihre Abhöreinrichtungen überwachte... Heute steht das Anwesen leer und wartet auf eine Nachnutzung. Die Villa ist so imposant, dass meine Kamera sie aus Ehrfurcht nicht einmal voll ins Bild setzen wollte.

Das rechte Bild zeigt die Villa Brennecke. Hier wohnte und praktizierte der erste niedergelassene Frauenarzt Magdeburgs, Dr. med. Johannes Benjamin Brennecke. Der sozial engagierte Arzt gründete u.a. ein Wöchnerinnenasyl, in dem arme Frauen notfalls auch umsonst entbinden durften. Er engagierte sich stark für eine Verbesserung der 'Wöchnerinnenhygiene', veröffentlichte Aufsätze und hielt Vorträge. Für seine Verdienste wurde Dr. Brennecke der Titel 'Geheimer Sanitätsrat' verliehen. Nach seinem Tod wurde eine Straße nach ihm benannt, die Brenneckestraße.

Villa Wolf Klausenerstraße
Villa Wolf.
Villa Brennecke Klausenerstraße
Villa Brennecke.

B_Rundgang/RottersdorferStr150.jpg

Schauen wir noch kurz in die Rottersdorfer Straße. Hier finden wir das zweite Kirchengebäude Sudenburgs, die 1867 geweihte katholische Kirche St. Marien. Der Kirche und der katholischen Gemeinde Sudenburgs ist ein extra Kapitel in der Chronik gewidmet. Die Straßenbezeichnung erinnert an die heutige Wüstung Rottersdorf, ein 937 erstmals urkundlich erwähntes Dorf, das sich im Bereich der Einmündung Leipziger Straße in die Halberstädter Straße befand.

Katholische Kirche St. Marien
Die Katholische Kirche St. Marien.
Katholische Kirche St. Marien Tor
Haupteingang an der Rottersdorfer Straße.

Zurück an der 'Halber' nähern wir uns langsam unserem Ausgangspunkt. Gegenüber dem alten Rathaus entdecken wir das historische Straßenbahndepot, eines der ältesten Deutschlands. Angelegt wurde es 1877, als Depot für die erste Pferdebahnlinie Magdeburgs, die von Sudenburg über den Breiten Weg (Altstadt) in die Neustadt führte. Mit der Elektrifizierung wurde das Depot den neuen Erfordernissen entsprechend umgebaut. Heute wird es hauptsächlich als Museumsdepot genutzt, in dem viele historische Straßenbahnen untergestellt sind. Leider finden wir das Depot gerade geschlossen vor. Häufig finden jedoch Aktionstage statt, an denen Depot und Bahnen besichtigt werden können. Auch bietet die IGNah Magdeburg aus Anlass von Festen und Veranstaltungen häufig Fahrten mit den historischen Bahnen an.

Straßenbahndepot Sudenburg 1
Das Straßenbahndepot Sudenburg.
Straßenbahndepot Sudenburg 2
Heute hauptsächlich Museumsdepot.

B_Rundgang/Kirchhofstr150.jpg

Wir erreichen nun wieder unseren Ausgangspunkt, den Ambrosiusplatz. Direkt gegenüber dem Portal der Ambrosiuskirche mündet die Kirchhofstraße in die "Halber". Versteckt, am Ende der Kirchhofstraße, befindet sich der Eingang zum 1813 angelegten Alten Sudenburger Friedhof. Mit seinem alten Baumbestand ist er die eigentliche grüne Lunge Sudenburgs, direkt am historischen Zentrum gelegen. Dem Alten Friedhof ist in der Chronik ebenfalls ein eigenes Kapitel gewidmet.

Haupteingang Alter Sudenburger Friedhof
Haupteingang des Alten Sudenburger Friedhofs.

Hier endet nun unser kleiner (virtueller) Rundgang durch Sudenburg.
Obwohl wir uns nur einen kleinen Teil unseres Sudenburg ansehen konnten, haben wir schon eine lange Wegstrecke zurückgelegt und uns eine Erfrischung in einem der vielen Gastronomiebetriebe rund um den Ambrosiusplatz verdient.
Es gibt in Sudenburg noch so viel mehr zu sehen und zu entdecken: Viele weitere denkmalgeschützte gründerzeitliche Villen und Wohnhäuser mit verzierten Fassaden, alte, liebevoll sanierte, umgenutzte Fabrikgebäude, das Heinrich-Germer-Stadion, die Otto-Richter-Straße mit ihren bunten Hausfassaden, die alten Schulgebäude und vieles vieles mehr. Schauen Sie sich einfach weiter um, es gibt überall noch etwas zu entdecken.

nach oben

aktualisiert: 09.08.2015

www.sudenburg-chronik.de - Thomas Garde - CC-BY-SA 3.0 - DE