Wir starten im historischen Zentrum des 1812 nach französischen Plänen
neu angelegten Sudenburg.
Mitten auf dem ehemaligen Markplatz steht das Wahrzeichen
Sudenburgs, die evangelische Kirche St. Ambrosius.
Die 1877 geweihte Kirche ersetzt einen an gleicher Stelle errichteten, 1822 fertig
gestellten kleineren Vorgängerbau gleichen Namens. Bis 1822 hatte das neue Sudenburg
noch keine Kirche. Es gab nur einen Betsaal, der unter königlichem Patronat stand.
Die heutige Ambrosiuskirche ist bereits die sechste Kirche in der
über tausendjährigen Geschichte Sudenburgs, die dem heiligen
Ambrosius von Mailand geweiht bzw. nach ihm benannt wurde. 1544 hielt
die Reformation in Sudenburg Einzug und die damalige (2.) Ambrosiuskirche,
an der heutigen Danzstraße in Domnähe gelegen,
erhielt erstmals einen lutherischen Pfarrer.
Anm.: Die Geschichte der Kirchen St. Ambrosius wird in der Chronik ausführlich behandelt.
Auf der Ostseite des Platzes befindet sich das Gebäude der ehemaligen Sudenburger Feuerwache, das heute als Kulturzentrum genutzt wird. Der rechte Gebäudeteil diente früher als Erweiterung des kleinen Sudenburger Rathauses, das sich rechts neben der Feuerwache, an der Halberstädter Straße befindet.
Die ehemalige Marktstraße beginnt hinter der Ambrosiuskirche. Sie wurde zu Ehren des Pfarrers Johannes Hesekiel umbenannt, der durch sein Engagement den Bau der heutigen Ambrosiuskirche maßgeblich mit ermöglichte. Direkt an der Ecke zum Ambrosiusplatz liegt das alte Pfarrhaus der Ambrosiusgemeinde. Beachtenswert ist das erhaltene, in die Fassade eingearbeitete Wandrelief. Das Haus dürfte im Zusammenhang mit dem Bau der 1822 geweihten 5. Ambrosiuskirche entstanden sein. Das Pfarrhaus und die kleine Kirche für das neue Sudenburg wurden vom preußischen König finanziert.
Schräg gegenüber dem alten Pfarrhaus, an der Ecke zur St.-Michael-Straße, befindet sich das wohl heute älteste Haus Sudenburgs, das früher die erste Schule des neuen Sudenburg beherbergte. Entstanden ist das Fachwerkgebäude, ebenfalls finanziert durch den preußischen König, zwischen 1814 und 1820. Das genaue Entstehungsjahr ist wohl leider nicht mehr zu ermitteln. Es ist wahrscheinlich, dass beide Häuser 1818 entstanden.
Die "Halber" ist die Hauptstraße und das Geschäftszentrum
Sudenburgs. Die von den Franzosen angelegte Heerstraße nach
Halberstadt wurde 1812 als Standort für die Neuanlage der
abgerissenen Sudenburg festgelegt. Heute verbindet die alte
Heerstraße die Magdeburger Altstadt mit dem Stadtteil
Ottersleben. Eine überregionale Bedeutung für den Fernverkehr
hat sie nicht mehr.
Während sich nahe des historischen Zentrums das
Geschäftsleben entwickelte, entstanden auf den damals noch
unbebauten Grundstücken zwischen Zentrum und der Magdeburger
Altstadt Fabriken. Hauptsächlich Zichorien- und Zuckerfabriken
säumten diesen Straßenabschnitt, etwas später kam auch
der Maschinenbau dazu. Nur noch wenige erhaltene Industriegebäude
erinnern an diese Zeit, jedoch sind die meisten Fabrikantenvillen an
der Straße erhalten geblieben und heute unter Denkmalschutz
gestellt.
Gegenüber dem Ambrosiusplatz, Ecke Kirchhofstraße,
steht eines der imposantesten Gebäude Sudenburgs, der Goldene
Löwe.
Bereits seit den 1820er Jahren wird auf dem Grundstück Gastronomie
betrieben. Viele Sudenburger Vereine gründeten sich dort und
nutzten ihn für ihre Versammlungen und Veranstaltungen. Das
Gebäude verfiel während der DDR-Zeit zusehends, auch in der
Nachwendezeit setzte sich sein Niedergang fort. Glücklicherweise
fand sich ein Investor, der sich dieser traditionsreichen Immobilie
annahm und sie grundsanieren ließ. Mit Abschluss der Sanierung
(2013) ist der Goldene Löwe wieder zu einem Schmuckstück der
Halberstädter Straße geworden und die
Löwenfigur erstrahlt wieder (wenn auch in eher gelber
Farbe) über dem Stadtteil.
Viele traditionsreiche Geschäfte befinden sich an der Halberstädter Straße.
Schauen wir uns zwei davon etwas genauer an:
Ebenfalls gegenüber dem Ambrosiusplatz befindet sich die
1831 gegründete Alte Apotheke. Sie war die erste Apotheke
Sudenburgs und wurde ca. 180 Jahre als solche betrieben. Erst vor
wenigen Jahren musste sie der letzte Betreiber altersbedingt
aufgeben.
Heute beherbergt das Gebäude ein Kaffee, in dem das Flair der alten Apotheke erhalten ist. Sehenswert
sind, neben der alten Holzdecke, die vielen mit Schnitzereien versehenen
Einrichtungsgegenstände und Apothekenutensilien.
Die Hausfassade zur Friedenstraße ziert heute ein kleines
Kunstwerk: Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass die Fenster in
der Fassade nicht echt, sondern "nur" aufgemalt sind.
Ein weiteres Traditionsgeschäft befindet sich nahe der
Einmündung Heidestraße. 1835 gründete der
Uhrmachermeister Carl Meyer das Geschäft Uhren Meyer, das
über vier Generationen vom Vater auf den Sohn überging. Da
der letzte Sohn, Richard Meyer, kinderlos blieb, verkaufte dieser das
Geschäft 1996 an die Familie Krietsch, die es im Sinne der Meyers
weiterführt. Die Meyers spezialisierten sich auf den Bau von
Turmuhren. Die erste Turmuhr wurde für die Sudenburger Maschinenbauanstalt und
Eisengießerei hergestellt. Nach dem Niedergang des Unternehmens
erwarben die Meyers die Werksuhr aus der Konkursmasse und bauten sie in die Fassade
ihres Hinterhauses ein. Heute zeigt sie den Passanten in der
Heidestraße, was die Stunde geschlagen hat. Auch die Turmuhren
der beiden Sudenburger Kirchen St. Ambrosius und St. Marien stammen aus dem Hause Meyer.
Beachtenswert ist der Spruch auf der von Richard Meyer am Haus angebrachten Tafel (siehe Bild rechts).
Seit Ende 1991 erklingt zu jeder vollen Stunde ein Glockenspiel, das ebenfalls die Hausfassade ziert.
Nahe dem Zentrum, gegenüber dem Eiskellerplatz, befindet
sich die Villa Steffens. Ferdinand Steffens ließ sie sich
1881 auf dem Gelände seiner Zucker- und Schokoladenfabrik errichten.
In der Fabrik produzierte er unter anderem die "Dom-Schokolade" und Süßwaren. Teile der
alten Fabrik, hinter der Villa gelegen, sind erhalten und gehören
heute zum Komplex der Eiskeller-Passage.
Das Fabrikgelände, das sich bis zur heutigen Salzmannstraße erstreckte,
war bereits vor der Neugründung Sudenburgs industrieell genutzt. Der Kaufmann Hammer gründete hier
1811 eine Rübenzuckerfabrik. Später betrieb die Firma Müller & Weichsel
hier eine große Tabak-, später Rübenzuckerfabrik und im hinteren Teil des
Geländes, an der heutigen Salzmannstraße, eine
Zichorienfabrik, in der auch eine Dampfmaschine zum Einsatz kam. In den
1930er Jahren wurde auf dem hinteren Geländeteil der
GutsMutsWeg mit seiner Wohnbebauung angelegt, das einzige
Wohnungsneubauprojekt Sudenburgs während der Nazizeit.
Zwischen Villa und GutsMutsweg wurde nach der
Wende die "Seniorenresidenz am Eiskellerplatz" errichtet.
Bewegen wir uns entlang der "Halber" in Richtung Altstadt Magdeburg,
vorbei an vielen liebevoll sanierten gründerzeitlichen
Wohnhäusern und Villen.
An der Kreuzung Südring fällt eine Fassade auf, die
mit der Rekonstruktion des alten Siegels der Stadt Sudenburg geziert
ist.
Auf einem Schild sind dargestellt: Eine Stadtmauer mit zwei
Türmen, die das Stadtrecht symbolisieren. Zwischen den Türmen
ist ein Bischof mit Nitra und Stab abgebildet, der den heiligen
Ambrosius darstellt, den Schutzpatron von Sudenburg. Im geöffneten
Stadttor ist ein Löwe abgebildet, im Mittelalter ein Symbol
für die sich siegreich ausbreitende Kirche.
Das Siegel, in ähnlicher Darstellung, wurde dem Rat der Sudenburg
im Jahre 1418 vom Magdeburger Erzbischof Günther von
Käfernburg verliehen. Im Jahre 1398, zwanzig Jahre zuvor,
hatte die Sudenburg das Stadtrecht erhalten.
Auf Höhe der Haltestelle Jordanstraße fällt ein
ungewöhnliches Gebäude ins Auge: Die Villa Jordan bzw.
Drevenstedt.
Sie ist, wie weitere in diesem Bereich, ein Überbleibsel der
Industrialisierung Sudenburgs. 1870 ließ sie sich der Kaufmann
Wilhelm Jordan errichten, der mit seinem Partner auf dem dahinter
liegenden Gelände die Schokoladen-, Zuckerwaren- und
Zichorienfabrik Bethge & Jordan betrieb. Nach Jordans Tod wurde
dem engagierten Sudenburger zu Ehren eine Straße benannt, die
links von der Villa beginnt: Die Jordanstraße.
1917 kaufte Albert Drevenstedt Grundstück und Villa und betrieb
mit seinem Partner Willi Sondershausen auf dem Gelände die
Konserven- und Nährmittelfabrik Albert Drevenstedt &
Co. Da Drevenstedts Sohn Ernst-Henning im zweiten Weltkrieg fiel,
führte Tochter Ingeborg (John) nach dem Tod des Vaters die Firma
mit Sondershausen weiter. Nach Ingeborgs Tod (1970) wurde die Firma
1972 enteignet und in "Volkseigentum" überführt. Heute ist
nur noch die Villa erhalten, das ehemalige Fabrikgelände ist neu
bebaut.
Im Bereich der Überführung des Magdeburger Ring
über die Halberstädter Straße stoßen wir
auf das letzte erhaltene Rayonhaus auf Sudenburger Gebiet. Weitere
dieser Häuser wurden abgerissen, oder im Krieg zerstört. Die
Rayonhäuser lagen im Schussfeld der Festung Magdeburg, das in zwei
Rayonbezirke eingeteilt war. In diesem Bereich durften Gebäude nur
unter strengsten Auflagen errichtet werden. So mussten sie innerhalb
kürzester Zeit demontierbar sein, um freies Schussfeld für
die Festung zu erhalten und dem Feind keine Deckungsmöglichkeit
einzuräumen. Die Auflagen gingen soweit, dass in den Häusern
teilweise nicht einmal tapeziert werden durfte.
Weitere erhaltene Häuser dieser Klasse stehen entlang der
Leipziger Straße. Sie gehören jedoch heute nicht mehr
zu Sudenburg, sondern zum nach der Wende künstlich geschaffenen
Stadtteil Leipziger Straße, der zum
allergrößten Teil aus ehemaligem Sudenburger Gebiet besteht.
Direkt hinter der Einmündung Sudenburger Wuhne liegt der
1906 errichtete Justizpalast, in dem heute das Landgericht
seinen Sitz hat.
Der Gebäudekomplex wurde beim letzten Luftangriff auf Magdeburg,
am 18.04.1945, nur einen Tag vor dem Einmarsch der Amerikaner,
größtenteils zerstört. Der erhaltene linke
Gebäudeflügel lässt nur zum Teil erahnen, was hier
früher für ein wahrlich palastähnliches Gebäude
gestanden hat. Das imposante Mittelportal mit seinen zwei Türmen
wurde leider völlig zerstört.
Während der DDR-Zeit lag der zerstörte Gebäudebereich
brach. Erst nach der Wende beschloss man einen Wiederaufbau. Der neue
Gebäudeteil zeigt die Abmessungen des alten Gebäudes und das
neue Mittelportal soll wohl symbolisch die alten Türme
repräsentieren, die im Stile des kleinen Seitentürmchens,
ehemals das Gebäude hoch überragten. Der ehemalige rechte
Gebäudeteil war ein Spiegelbild des noch vorhandenen linken. Heute
wirkt er mit seiner Fensterteilung und der Dachgestaltung auf mich wie
eine Abstraktion des alten Flügels, wobei weder auf die
historische Fassadengestaltung, noch auf die Geschosshöhen
Rücksicht genommen wurde. Die Architekten haben sich sicher
einiges gedacht, aber letztendlich ist hier ein zweckmäßiger
Anbau entstanden, der die Architekturmode jener Jahre
wiederspiegelt. Die verspringende Geschossgestaltung des neuen
Mittelportals ist x-fach (ähnlich) kopiert und es könnte auch
gut in ein Möbelhaus führen. Für sich betrachtet wirkt
die Fassade des neuen Ostflügels auf mich einfach nur kalt.
Das ist natürlich nur meine subjektive Meinung und ein anderer mag
diesen Neubau für modern, gelungen und gar revolutionär
halten. Ich mag ihn einfach nicht, weil er das Straßenbild sprengt.
Zum Vergleich eine Postkarte von 1915 aus meinem Archiv, die den zerstörten Bereich des alten Justizpalastes zeigt.
Hinter dem Justizpalast liegt ein Gebäude, dass man sicher mit
einem unguten Gefühl betritt: Das Gefängnis
Sudenburg.
Die Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete Strafanstalt wurde 2013
stillgelegt, da sie den modernen Anforderungen nicht mehr entsprach.
Warum wir auch diesen düsteren Ort besuchen, erkläre ich nach dem
nächsten Objekt.
Wir erreichen nun das Ende der Halberstädter Straße
und stehen vor dem Gebäudekomplex Magdeburger
Polizeipräsidium.
Das 1913 eröffnete Gebäude wurde u.a. errichtet, um den
Bürgern eine zentrale Anlaufstelle zur Erledigung ihrer Anliegen
zu schaffen. Einwohnermeldeamt, Fundbüro, KFZ-Büro lagen
vorher an unterschiedlichen Standorten, über die Stadt Magdeburg
verteilt. Heute ist das Gebäude der Sitz des Innenministeriums
des Landes Sachsen-Anhalt.
Justizpalast, Strafanstalt und Polizeipräsidium waren
Hauptschauplatz des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 in
Magdeburg.
Beim Versuch der Befreiung der politischen Häftlinge aus der
Strafanstalt kam es zu einem Schusswechsel, der Menschenleben auf
beiden Seiten forderte. Mit dem Anrücken sowjetischer Panzer wurde
der Aufstand am Nachmittag niedergeschlagen. Der Platz östlich des
ehemaligen Polizeipräsidiums wurde in Gedenken an diesen Tag in
Platz-des-17.-Juni umbenannt.
Der Straßenabschnitt zwischen dem Platz und der Altstadt (ehemals
Teil der Hallische Str.) trägt heute den Namen
Herbert-Stauch-Straße, benannt nach Herbert Stauch, der
als angeblicher Rädelsführer des Aufstandes verhaftet, in
einem kurzen Scheinprozess am 18. Juni von einem sowjetischen
Militärtribunal zum Tode verurteilt und unmittelbar nach der
Urteilsverkündung hingerichtet wurde. Erst Anfang der 1990er Jahre
wurde Stauch rehabilitiert.
Am Ministerium wurde nach der Wende folgende Gedenktafel angebracht:
Bewegen wir uns nun zurück in Richtung historisches Zentrum und
wenden uns wieder schöneren Dingen zu.
Gegenüber dem Gericht entdecken wir ein Gebäude, das
wieder etwas mehr für das Auge bietet: Die Villa Burchardt.
Der Kaufmann Max Burchardt erwarb 1900 das Grundstück und
ließ sich die Villa als Altersruhesitz erbauen. Die Burchardts
betrieben eine Zuckerfabrik, die auf dem Grundstück des
späteren Justizpalastes lag. Die Fabrik wurde durch einen Brand
völlig zerstört und nicht wiedererrichtet. 1948 wurde in der
Villa die Magdeburger Kinderklinik untergebracht. Heute,
liebevoll saniert, wird sie als Seniorenwohnanlage genutzt.
Schauen wir auf dem Rückweg ein wenig in die Seitenstraßen.
Über die bereits angesprochene Jordanstraße erreichen
wir die Straße Schneidersgarten. Sie liegt in der
Wohnsiedlung Schneidersgarten und hier liegt auch unser Ziel,
der Schneidersgarten.
Kann so viel 'Schneidersgarten' Zufall sein? Nein. Das Gelände
zwischen der Jordan- und Brunnerstraße gehörte
früher dem Rittergutsbesitzer Schneider. Als die Familie nach
Bayern verzog, wurde das Gelände zu Wohnungsbauzwecken vermarktet
und bebaut. Auf Wunsch der Sudenburger Bürger gelang es, den
großzügen, parkähnlichen Garten des Gutes zu erhalten.
Der Schneidersgarten ist bis heute der einzige öffentliche Park
Sudenburgs. In der Mitte des Parks liegt (denkmalgeschützt) die
Familiengrabanlage der Schneiders.
Hinter dem Südring treffen wir auf die
Klausenerstraße. Als Westendstraße angelegt,
war sie die erste Villensiedlung Magdeburgs. Viele bekannte Magdeburger
Industrielle, Ärzte, Bänker, eben alles was Rang und Namen
hatte, ließen sich dort nieder. Die meisten Villen sind erhalten
und stehen unter Denkmalschutz. Beispielhaft schauen wir uns mal zwei
an.
Gleich beim Betreten der Straße erblickt man die imposante
Villa Wolf. Erbauen ließ sie der Bankier Marcks, der sie
jedoch bereits nach kurzer Zeit an den Industriellen Rudolf Wolf
verkaufte, dem Besitzer der Maschinenfabrik Wolf Buckau. Nach dem Krieg
kaufte die jüdische Gemeinde das Anwesen, musste es aber 1960 an
die Staatsmacht abtreten, die daraufhin von dort aus ihre
Abhöreinrichtungen überwachte... Heute steht das Anwesen leer
und wartet auf eine Nachnutzung. Die Villa ist so imposant, dass meine
Kamera sie aus Ehrfurcht nicht einmal voll ins Bild setzen
wollte.
Das rechte Bild zeigt die Villa Brennecke. Hier wohnte und
praktizierte der erste niedergelassene Frauenarzt Magdeburgs, Dr. med. Johannes
Benjamin Brennecke. Der sozial engagierte Arzt gründete u.a. ein
Wöchnerinnenasyl, in dem arme Frauen notfalls auch
umsonst entbinden durften. Er engagierte sich stark für eine
Verbesserung der 'Wöchnerinnenhygiene', veröffentlichte
Aufsätze und hielt Vorträge. Für seine Verdienste wurde
Dr. Brennecke der Titel 'Geheimer Sanitätsrat' verliehen. Nach
seinem Tod wurde eine Straße nach ihm benannt, die
Brenneckestraße.
Schauen wir noch kurz in die Rottersdorfer Straße. Hier finden wir das zweite Kirchengebäude Sudenburgs, die 1867 geweihte katholische Kirche St. Marien. Der Kirche und der katholischen Gemeinde Sudenburgs ist ein extra Kapitel in der Chronik gewidmet. Die Straßenbezeichnung erinnert an die heutige Wüstung Rottersdorf, ein 937 erstmals urkundlich erwähntes Dorf, das sich im Bereich der Einmündung Leipziger Straße in die Halberstädter Straße befand.
Zurück an der 'Halber' nähern wir uns langsam unserem Ausgangspunkt. Gegenüber dem alten Rathaus entdecken wir das historische Straßenbahndepot, eines der ältesten Deutschlands. Angelegt wurde es 1877, als Depot für die erste Pferdebahnlinie Magdeburgs, die von Sudenburg über den Breiten Weg (Altstadt) in die Neustadt führte. Mit der Elektrifizierung wurde das Depot den neuen Erfordernissen entsprechend umgebaut. Heute wird es hauptsächlich als Museumsdepot genutzt, in dem viele historische Straßenbahnen untergestellt sind. Leider finden wir das Depot gerade geschlossen vor. Häufig finden jedoch Aktionstage statt, an denen Depot und Bahnen besichtigt werden können. Auch bietet die IGNah Magdeburg aus Anlass von Festen und Veranstaltungen häufig Fahrten mit den historischen Bahnen an.
Wir erreichen nun wieder unseren Ausgangspunkt, den Ambrosiusplatz. Direkt gegenüber dem Portal der Ambrosiuskirche mündet die Kirchhofstraße in die "Halber". Versteckt, am Ende der Kirchhofstraße, befindet sich der Eingang zum 1813 angelegten Alten Sudenburger Friedhof. Mit seinem alten Baumbestand ist er die eigentliche grüne Lunge Sudenburgs, direkt am historischen Zentrum gelegen. Dem Alten Friedhof ist in der Chronik ebenfalls ein eigenes Kapitel gewidmet.
Hier endet nun unser kleiner (virtueller) Rundgang durch Sudenburg.
Obwohl wir uns nur einen kleinen Teil unseres Sudenburg ansehen
konnten, haben wir schon eine lange Wegstrecke zurückgelegt
und uns eine Erfrischung in einem der vielen Gastronomiebetriebe rund
um den Ambrosiusplatz verdient.
Es gibt in Sudenburg noch so viel mehr zu sehen und zu entdecken: Viele
weitere denkmalgeschützte gründerzeitliche Villen und
Wohnhäuser mit verzierten Fassaden, alte, liebevoll
sanierte, umgenutzte Fabrikgebäude, das Heinrich-Germer-Stadion,
die Otto-Richter-Straße mit ihren bunten Hausfassaden, die alten
Schulgebäude und vieles vieles mehr. Schauen Sie sich einfach
weiter um, es gibt überall noch etwas zu entdecken.
aktualisiert: 09.08.2015
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