Firmenblatt: | Bearbeitungsstand: 29.04.2021 |
Die Industriegeschichte Sudenburgs
Firmendaten:
Gründung - Ende: | 1912 - >1945 |
Gründer: | |
Standorte: |
Magdeburg-Sudenburg, Am Fuchsberg 2 und Ackerstr. 3 e |
Produkt(e): | Fabrikation und Handel mit Schrauben, Werkzeugen, Maschinen und Metallen. |
Bemerkungen: | "Die 1912 durch den Zusammenschluß der Firmen Gabler & Wrede und Wilke & Glauer entstandenen Rex-Werke galten mit der Anwendung von über 900 selbstgebauten Spezialmaschinen als eine der größten deutschen Schraubenfabriken." [1, Seite 24] |
Firmenchronik:
Jahr: | Ereignis: |
1873 |
Schrauben- und Mutternfabrik Glauer & Co., Kaiserstr. 79 (Altstadt, heute Otto-von-Guericke-Str.), gegr. 1873 als Wilke & Glauer, 1877 Wilh. Glauer, 1891 Glauer & Co. [1, S. 166] |
1888 |
Stahlgroßhandlung, Schraubenfabrik und Facondreherei Gabler & Wrede, 1888 gegründet. [1, S. 166] |
1911 | Gründung der REX-Werke Aktiengesellschaft [1, Seite 172] unter Vereinigung der Firmen Gabler & Wrede und Glauer & Co. Ausgegeben wurden 1.600 Gründeraktien á 1.000 Mark (21.12.1911): 1.600.000 Mark Grundkapital. |
Neben der Rex-Werke AG (Schraubenproduktion) wurde auch die Firma Gabler, Wrede & Co. gegründet. Diese wurde
privatrechtlich geführt und war für die Produktion und den Vertrieb der Werkzeugmaschinen zuständig.
Firmeninhaber (1927) waren die Kaufleute Fritz Gabler, Georg Wrede u. Hermann Güssow, die zugleich auch den
Vorstand der Rex-Werke Aktiengesellschaft bildeten. Ob Gabler, Wrede & Co. gleichzeitig mit der AG gegründet wurde, oder erst später, muss noch geklärt werden. |
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1923 | |
Die infolge des ersten Weltkriegs entstandene Inflation gipfelt im Jahr 1923 in einer Hyperinflation. Die
Rex-Werke müssen eigenes Notgeld in Form von Gutscheinen in den Umlauf bringen. Der hier abgebildete
Schein hat einen Wert von 1.000.000 Mark. Er ist zeitlich begrenzt und nur in der Stadt Magdeburg gültig. |
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Mit der Einführung der Rentenmark, am 15. November 1923, wird die Hyperinflation beendet. Der Umtauschkurs beträgt 1 : 1 Billion. Am 30. August 1924 wird die Rentenmark durch Einführung der Reichsmark (RM) ergänzt. Die Rentenmark behält bis zur Währungsreform 1948 ihre Gültigkeit. | |
1927 | Magdeburger Adressbuch 1927, Handelsregister: Rexwerke, Aktiengesellschaft, Stammkapital 1.600.000 Mark, Otto-von-Guericke-Str. 79, Am Fuchsberg 2-3 u. Ackerstraße 3 c. Vorstand: Fritz Gabler, Georg Wrede u. H. Güssow, Kflte., sämtlich hier. Aufsichtsrat: Fabrikdirektor Hugo Eichel, Sangerhausen, Vorsitzender. Fabrikdirektor Wilhelm Jordan, Halle a.S., Versich.Direktor Volkmar Oemler, Leipzig, u. Max Glauer, Fabrikdirektor a.D., hier. Fabrikdirektor: Wilhelm Hanack Ges. Prok.: Paul Nerlich, Erich Bartsch, Willi Lindau u. Walter Schultze. Gabler, Wrede & Co., Otto-von-Guericke-Str. 79, Inh. Fritz Gabler, Georg Wrede u. Hermann Güssow, Ges. Prok. Walter Schultze |
1928 | Magdeburger Adressbuch 1928, Handelsregister: Rexwerke, Aktiengesellschaft, Stammkapital 1.600.000 Mark, Otto-von-Guericke-Str. 79 (Auch: Wrede, G., Direktor und Gabler, Wrede & Co., Werkzeugmaschinen, Am Fuchsberg 2-3 u. Ackerstraße 3 c. Vorstand: Fritz Gabler, Georg Wrede u. H. Güssow, Kflte., sämtlich hier. Aufsichtsrat: Fabrikdirektor Hugo Eichel, Sangerhausen, Vorsitzender. Fabrikdirektor Wilhelm Jordan, Halle a.S., Versich.Direktor Volkmar Oemler, Leipzig, u. Max Glauer, Fabrikdirektor a.D., hier. Fabrikdirektor: Wilhelm Hanack Ges. Prok.: Paul Nerlich, Erich Bartsch, Willi Lindau u. Walter Schultze. |
1929 | |
25.10.1929: "Schwarzer Freitag", Beginn der Weltwirtschaftskrise. "Donnerstag, 24. Oktober 1929, 10.00 Uhr, Wall Street, New York: Die Börse wird von einer Verkaufswelle erfasst. Viele Anleger möchten ihre Aktien loswerden. Allein in der ersten halben Stunde wechseln 1,6 Millionen Aktien ihren Besitzer. Die Panik steigt, die Kurse brechen weg. Aufgrund der Zeitverschiebung zwischen Europa und den USA ist der Tag als "Schwarzer Freitag" in die Geschichte eingegangen. ... Um sich selbst vor drohender Zahlungsunfähigkeit zu schützen, hatten amerikanische Banken nach den verheerenden Kursstürzen damit begonnen, die an europäische Staaten und Unternehmen vergebenen Kredite zu kündigen und das Geld abzuziehen. Das Deutsche Reich war hier besonders stark betroffen. Die Industrieproduktion ging zwischen 1929 und 1932 um rund 42 Prozent zurück. Regierung und Unternehmen reagierten mit massivem Sozialabbau und Lohnkürzungen. Die Arbeitslosenzahl stieg bis 1932 auf über sechs Millionen und lag im Durchschnitt bei 30 Prozent." [Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung, Artikel "80 Jahre Schwarzer Freitag" vom 23.10.2009.] Auch die Rex-Werke AG sind von der Weltwirtschaftskrise betroffen. Die Produktion kommt in der Folge zum Erliegen. Die Fabrik muss geschlossen werden, die Belegschaft wird arbeitslos. |
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1930 | Magdeburger Adressbuch 1930, Handelsregister: Rexwerke, Aktiengesellschaft, Stammkapital 1.600.000 Mark, Otto-von-Guericke-Str. 79, Am Fuchsberg 2-3 u. Ackerstraße 3 c. Vorstand: Fritz Gabler, Georg Wrede u. H. Güssow, Kflte., sämtlich hier. Betriebsdirektor: Wilhelm Hanack Ges. Prok.: Paul Nerlich, Erich Bartsch, Willi Lindau u. Walter Schultze. Gabler, Wrede & Co., (an Adr. Eintrag "Werkzeugmaschinen") Otto-von-Guericke-Str. 79, (an der Adr. auch gemeldet: Wrede, G., Direktor, 2.OG) Inh. Fritz Gabler, Georg Wrede u. Hermann Güssow, Ges. Prok. Walter Schultze |
1930 | Magdeburger Adressbuch 1930: Gabler, Wrede & Co., Werkzeugmaschinenfabrik, ab 01. April 1930 mit neuer Adresse: Leipziger Str. 8. |
1932 | Im Magdeburger Adressbuch 1932 hat die Firma noch den gleichen Eintrag wie 1930.
Nur der Stammkapitaleintrag ist auf 800.000 RM korregiert und der Verwaltungsstandort Otto-von-Guericke-Str. 79 für
AG und Werkzeugmaschinenfabrik wurde aufgegeben. Adresseintrag der Rex-Werke ist "Am Fuchsberg 2-3 u. Ackerstraße 3 c", Leipziger Str. 8 für die Werkzeugmaschinenfabrik Gabler, Wrede & Co.. |
1932 | Neuanfang als "Rex-Werke Dipl.-Ing. C. u. J. Güssow". Im Laufe des Jahres 1932 wagt Familie Güssow mit zunächst nur sieben Arbeitern [2] einen Neuanfang. Inhaber der neuen Rex-Werke sind der ehemalige Betriebsingenieur Dipl.-Ing. Carl Güssow und Dipl.-Ing. Joachim Güssow. Kaufmann Hermann Güssow, zuvor Vorstandsmitglied, wird Liquidator der Rex-Werke Aktiengesellschaft. Die Abwicklung zieht sich hin. Das Adressbuch 1936 nennt H. Güssow weiterhin als Liquidator, im Adressbuch 1939 ist die Aktiengesellschaft nicht mehr geführt. Neuer Inhaber der ausgegliederten Werkzeugmaschinenfabrik Gabler, Wrede & Co., Leipziger Str. 8, wird der vormalige Prokurist Walter Schultze. Prok.: Charlotte Schultze, geb. Schacke (1936), 1939 auch Kurt Buchholz. Die ehemaligen Gründerfamilien Gabler, Wrede und Glauer sind nicht mehr im Unternehmen vertreten. |
1935/36 | Änderung der Firmenadresse. Durch Umbenennung der Ackerstraße und Neunummerierung der Grundstücke erhalten die Rex-Werke eine neue Adresse. Bis 1946 lautet diese nun Gustav-Nachtigal-Str. 25. Auf dem Firmengrundstück, mit gleicher Adresse, steht auch ein Wohnhaus der Familie Güssow. Erich Bartsch, ehemaliger Prokurist der AG, ist als solcher nun auch für die neuen Rex-Werke tätig. |
Die Firma entwickelt sich, auch infolge von zunehmenden Rüstungsaufträgen, in der Folgezeit sehr gut.
Bis zu 850 Arbeiter werden beschäftigt. Geliefert werden u.a. Schrauben für "die Heliumbehälter
des Grafen Zeppelin", die Werften, die Reichsbahn und die Autoindustrie (z.B. VW-Werk Fallersleben). In der Produktion werden wegen dem kriegsbedingten Arbeitskräftemangel auch russische, ukrainische und französische Zwangsarbeiter eingesetzt. In den letzten Kriegstagen (1945) werden die französischen Kriegsgefangenen (nachweislich) von den Güssows versteckt und so vor der Deportation bewahrt. [2] Informationen zum Schicksal der osteuropäischen Zwangsarbeiter bietet der Artikel leider nicht. |
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1945 | Kriegsende Die Fabrik übersteht den Krieg ohne größere Schäden. Jedoch wird der Maschinenpark als Reparationsleistung demontiert und in die Sowjetunion abtransportiert. Mühsam versuchen die Güssows in der Folgezeit, die Produktion wieder aufzubauen. Als dies erste Früchte trägt und die Produktion wieder in Schwung kommt, wird die Schraubenfabrik der Familie enteignet. Grund ist die NSDAP-Mitgliedschaft von Curt Güssow. Ihm wurde vorgeworfen ein Wehrwirtschaftsführer gewesen zu sein. Curt Güssows Tochter Ingeborg erklärt dazu 1997, dass ihr Vater nicht in die Partei wollte, 1940 aber eintreten musste, weil "sonst wäre ihm ein Politischer vor die Nase gesetzt worden." [2] |
Nach Heft 46/I/99 "Industriearchitektur" wird die Fabrik weitergeführt als Schraubenwerke Zerbst/Magdeburg, Ackerstr. 23 in den Anlagen der REX-Werke [1, Seite 24] | |
1950 |
Neben der Fabrik wird auch das sich auf dem Werksgelände befindliche Wohnhaus der Güssows, Ackerstraße 25
(die Straße wurde nach Kriegsende wieder umbenannt), enteignet, obwohl es nicht zur Fabrik gehörte. [2]
Laut Adressbuch 1950/51 ist als Eigentümer die "Tewa" Schraubenfabrik VEB, Ackerstraße 23, geführt, inzwischen der Name der enteigneten Fabrik.
Die Familien von Curt und Joachim Güssow, sowie die Witwe von Hermann Güssow sind an der Wohnadresse gemeldet. Curt Güssow
wird als Verwalter des Hauses geführt. Als Eigentum geblieben ist der Familie nur das Haus Halberstädter Str. 26, das E. Güssow,
der Witwe Hermanns gehört. Laut Ingeborg Güssow, blieben Ihr Vater Carl und sie in der DDR. Ein Teil der Familie wanderte in die USA aus. [2] Eine Entschädigung für die enteignete Fabrik hat die Familie nicht erhalten. Gabler, Wrede & Co. existiert als "Werkzeugmaschinen, Werkzeug- und Schraubengroßhandel" weiter. Ein Eigentümer ist im Adressbuch 1950/51 nicht angegeben. Die Adresse lautet nicht mehr Leipziger Str. 8, sondern jetzt Lorenzweg 12 (Altstadt). |
1951 | Benennung: Schraubenfabrik Magdeburg im VVB Technischer Eisenwaren (Tewa) Chemnitz. [Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, 30900 VVB Technischer Eisenwaren (TEWA), Chemnitz, 1951: Nr. 189, |
nach 1990 | Die Schraubenfabrik wird wohl bis zur Wende betrieben und dann von der Treuhand abgewickelt. Das Fabrikgelände
(incl. Wohnhaus) wird an einen Investor verkauft, der bis 1994 alle Fabrikgebäude abreißt und auf dem Gelände
"Am Fuchsberg" einen großer Gewerbekomplex für Büros und Gewerbe errichtet. Mit in den Gebäudekomplex
integriert und damit noch erhalten ist das ehemalige Wohnhaus der Familie Güssow, Ackerstraße 25.
Zur optischen Angleichung an den Neubau wurde es jedoch ebenfalls mit der neuen, verspiegelten Fassade des Neubaus versehen.
Der Altbau als solcher ist dadurch heute nicht mehr erkennbar. Im Erdgeschoss des Neubaus wird für einige Jahre ein Supermärkt betrieben, der sich aber am Standort nicht halten kann. Auch als Bürohaus kann sich der Komplex nicht etablieren und steht jahrelang nahezu leer. Heute (2018) ist der Hauptnutzer ein großes Chinesisches Restaurant. |
Personal:
Grundlage der Tabelle (wenn nicht anders angegeben) sind die Mitgliederlisten des Verein deutscher Ingenieure (VDI). Er wurde
1856 gegründet, die Bezirksgruppe Magdeburg folgte 1858. Berücksichtigt, weil online zugängig, sind hier
nur die Jahre 1879-1912, 1914 und 1925. Die Jahreszahlen beziehen sich nur auf die Mitgliedschaft im VDI, die Beschäftigungszeit kann also davon abweichen. Mitarbeiter aus anderen Quellen, sind durch eine zusätzliche Quellenangabe gekennzeichnet. |
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Güssow, Curt | ?-1925-?: Dipl.-Ing., Betriebsleiter, REX-Werke AG, MD-Sudenburg, Leipziger Str. 8 |
Hanack, Wilhelm | ?-1925-?: Betriebsdirektor, REX-Werke AG, MD-Sudenburg, Ackerstr. 3 e |
Schumacher, Wilhelm | ?-1925-?: Betr.-Ing., REX-Werke AG, MD-Sudenburg, Leipziger Str. 8 |
Quellen:
- [1] - Heft 46/I/99: Sabine Ullrich, Industriearchitektur in Magdeburg - Maschinenbauindustrie, Stadtplanungsamt Magdeburg, 1999
- [2] - Renate Wähnelt, Artikel: "Die Erbin der Rex-Werke will jetzt endlich bekommen, was ihr zusteht", Magdeburger Volksstimme, 28.02.1997.
Fundsachen:
Bibliografische InformationenTitel: Die deutsche Schraubenindustrie ; Ein Beitr. zu ihr. Entwickl. unt. bes. Berücks. d. 'Rex-Werke A.-G., Magdeburg' u. d. Firma 'Funcke & Hueck, Hagen i./W.'.
Autor: Hans Behrens
Länge: 138 Seiten
Hochschulschrift: (Maschinenschrift).--(Auszug nicht gedruckt).- Würzburg, R.- u. staatswiss. Diss. v. 1. Aug. 1924.
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