Firmenblatt: | Bearbeitungsstand: 09.02.2022 |
Die Industrie- und Firmengeschichte Sudenburgs
Zuckerraffinerie Magdeburg
Firmendaten:
Gründung - Ende: | 1843 - >1990 |
Gründer: |
Elias Christian Ludwig Zuckschwerdt (* 01.04.1791 in Flechtorf; † 11.11.1848 in Magdeburg) Julius Wilhelm Beuchel (* 09.1791 in Braunschweig; † 03.11.1875 in Magdeburg) |
Standort(e): | Halberstädter Straße 183, Höhe Kroatenweg. |
Produkt(e): | Zucker |
Bemerkungen: |
Die unterschiedlichen Benennungen (chronologisch):
|
Firmenchronik:
- 1826 - [nach oben]
Gründung der ersten Zuckerfabrik von Zuckschwerdt
& Beuchel in der Altstadt Magdeburg. Auf Grund des großen Erfolges
erfolgt bereits ein Jahr später (1827) die Gründung einer weiteren Fabrik in
der Altstadt, der "Neuen Fabrik". Die Firma Zuckschwerdt & Beuchel war neben der Zuckerherstellung
auch in diversen anderen Geschäftsfeldern tätig.
- 1836 - Firmengründung [nach oben]
Am südwestlichen Ende des Breite Weg S auf dem Grundstück 76 (heute Halberstädter Straße 183) wird die
Runkelrübenzuckerfabrik Zuckscherdt & Beuchel
gegründet.[2, S.70]
Gründer auch dieser Fabrik sind Ludwig Zuckschwerdt und Julius Beuchel.
- 1839 - [nach oben]
Das Unternehmen legt bei Aschersleben eine Rübentrocknungsanstalt an, die es ermöglicht, die
Zuckerfabrik auch in den Sommermonaten zu betreiben. Die dort geernteten und getrockneten Rüben werden dafür
mit Pferdewagen nach Magdeburg transportiert.
[2, S.70]
- 1843 - Erster deutscher Hersteller von Würfelzucker [nach oben]
"Im Jahre 1843 hat die Zuckerfabrik Zuckschwerdt & Beuchel in Magdeburg-Sudenburg als erste in Deutschland Presswürfel hergestellt."
[K. Ulrich zur "Geschichte der Chemie" in "Chemisches Zentralblatt", Band II, Nr. 10 vom 6. September. 1933]
- 1848 - Firmenmitgründer Ludwig Zuckschwerdt verstirbt [nach oben]
Am 11.11.1848 wurde er in Magdeburg Opfer einer Cholera-Epedemie. Er wurde nur 57 Jahren alt.
Die Nachfolge übernimmt sein Sohn Hermann Zuckschwerdt.
- 1852 - [nach oben]
Die Partnerschaft von Zuckschwerdt und Beuchel endet. Zuckschwerdt setzt die Firma unter dem alten Namen fort.
Beuchel übernimmt die Kohle- und Zuckerfabriken.[2, S.70]
Die Zuckerfabrik firmiert nun:
Rübenzuckerfabrik J. W. Beuchel & Sohn[2, S.73]
- 1858 - [nach oben]
Die Rübenzuckerfabrik J. W. Beuchel & Sohn, Sudenburg zählt 219 Beschäftigte.
Nach E. C. Helle (288) ist sie damit die zweitgrößte Zuckerfabrik in Sudenburg.
[1, S.211]
- 1867 - Erweiterung mit Raffinerie [nach oben]
Die Fabrik wird umstrukturiert. Die Rübenzuckerfabrik wird um eine Raffinerie erweitert. In den Anfängen wird dort hauptsächlich
importierter Rohrzucker zu Raffinade verarbeitet.
[1, S.225]
Die Firma wird umgewandelt in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien. Im Vorfeld (1866) erlosch die Prokura
von Wilhelm Beuchel für die Firma "J. W. Beuchel u. Sohn" zu Magdeburg.[Königlich Preußischer Staats-Anzeiger 1866, S. 1840]
Die neue Fabrik firmiert nun:
Beuchel & Co.
- 1875 - Julius Beuchel verstirbt [nach oben]
Im Alter von 84 Jahren verstirbt der Mitbegründer Julius Wilhelm Beuchel am 03.11.1875 in Magdeburg. Sein Nachfolger wird Sohn (?) G. Beuchel.
- 1879 - [nach oben]
Die Raffinerie erhält ein eigenes Bahnanschlussgleis.
Die 3,6 km lange Güterstrecke zweigt vom Bahnhof Magdburg-Buckau ab, verläuft entlang der Salbker Straße
und der Brenneckestraße und endet auf dem Gelände der Raffinerie von Beuchel & Comp. in Sudenburg.
Die Firma unterhält dafür eigene Eisenbahnwagen.[1, S.225]
Eintrag im Mitgliederverzeichnis des VDI (Verein Deutscher Ingenieure):
- Thumb, Director der Zuckerraffinerie Beuchel & Co., Magdeburg-Sudenburg. (1879 bis 1881)
[Mitgliederverzeichnisse des VDI 1879 bis 1881]
- 1881 - Konkurs [nach oben]
Die Rübenverarbeitung wird aufgegeben und die Raffinerie erweitert. Trotz dieser Maßnahme gerät die Firma
in Zahlungsschwierigkeiten. Ein Verlust von 3,2 Mio. Mark muss ausgewiesen werden. Hauptgläubiger sind
zehn Magdeburger Firmen mit 2,49 Mio. Mark und zehn Rübenzuckerfabriken mit 277.000 Mark. Die Persönlich haftenden
Gesellschafter G. Beuchel und C. Thumb werden verhaftet. Für die Konkursmasse wird eine Gebotsfrist
bis zum 15. März 1882 gesetzt.[2, S. 73]
- 1882 - Neugründung aus der Konkursmasse [nach oben]
Gründung der
Zuckerraffinerie Magdeburg Actien-Gesellschaft
Ludwig Zuckschwerdts Enkel, der spätere königliche Geheime Kommerzienrat Dr. h.c. Wilhelm
Zuckschwerdt (1852-1931) übernimmt die Konkursmasse und ermöglicht den Weiterbetrieb als
Aktiengesellschaft.[3, S.127]
Die Gläubigerversammlung nimmt seine Offerte zum freihändigen Ankauf des Fabrikgebäudes,
des Schienenstranges und des sonstigen Zubehöhrs an. Zuckschwerdt bezahlt 375.000 Mark, wodurch die Gläubigern
zumindest 16-17 % ihrer Forderungen erhalten.[2, S. 73]
[Info: Ihm zu Ehren wurde eine an der Raffinerie angelegte Verbindungsstraße zwischen
"Halberstädter Straße" und "Walmbergsweg" als "Zuckschwerdtstraße" benannt.
In der NS-Zeit, in den 1940er Jahren, wurde sie umbenannt in "Braunlager Straße". Der Grund dafür ist unklar.]
Adr1942 und 1950/51: Es findet sich der ein Eintrag Zuckschwerdtstr. als Einmündung zwischen Halber 175 und 177!
Straßeneinmündung in Walmbergsweg als "Planstraße". Auf Straßenübersicht 1942 als Zuckschwerdtstr.
Keine Adressen in der Straße. Walmbergsweg geht Adr1942 noch durch, Adr1950/51 bereits Zuckerstraße.
- 1889 - [nach oben]
Mitglied im VDI (MD):
- 1889-1903: Baumgarth, A., techn. Direktor der Zuckerraffinerie Magdeburg-Sudenburg
[Quelle: Mitgliederverzeichnisse des VDI 1889-1903]
- 1896 - Bau der Direktorenvilla. [nach oben]
1996 lässt der Fabrikdirektor, der Kaufmann Richard Matthaei, neben der Raffinerie eine Villa errichten.
Sie entsteht auf dem Grundstück Breiter Weg 74 (heute Halberstädter Straße 177), rechts neben der
Einmündung der Braunlager Straße (damals Zuckschwerdtstraße).
Ende der 1930ger Jahre übernimmt die Raffinerie das Grundstück.[3, S.129]
- 1914 - 1918 - Produktionseinbruch im Ersten Weltkrieg [nach oben]
Vor dem Ersten Weltkrieg erreicht die Rohzuckerverarbeitung ihren Höhepunkt mit 1.630.000 Zentner
Jahresleistung. Nach vorübergehendem Tief in der Kriegs- und Nachkriegszeit, steigt die Produktion
wieder auf eine Jahresleistung von 1.200.000 Zentner an, mit einer Tagesleistung von 8.000 Zentnern.
[1, S.225]
- 1916 - [nach oben]
Magdeburger Adressbuch 1917:
Handelsreg.:
Zuckerraffinerie Magdeburg Aktien-Gesellschaft,
Stammkapital 1.200.000 Mark, Halberstädter Straße 76,
Vorstand:
Otto Althoff, techn. Direktor,
u. Alfred Oehme, kaufm. Direktor.
Aufsichtsrat:
Geh. Kommerz. Rat Wilh. Zuckschwerdt, Vorsitzender,
Bankdirektor Gustav Bomke,
Kommerz. Rat. Gustav Wernecke,
Kaufm. Bernh. Lippert,
Stadtrat u. Kommerz. Rat Heinrich Strauß,
Fabrikbes. Dr. Reimann,
Kfm. Heinrich Fölsche,
Prok. Richard Kase.
<- Neue Straßenanlage -> (von Walmbergsweg: "Projektstraße")
Halber 74:
E. Mattaei, B., Rentnerin Erdg.,
Hehne, L., Kutscher Erdg.
Halber 75:
E. Zuckerraffinerie Magdeburg, Akt. Ges. (Nr. 76).
V. Geßler, Ch., Gastwirt Erdg.
Gasthof "Zum braunen Hirsch", Erdg.
Tikotzki, P., Pferdehdl.
Halber 76:
E. Zuckerraffinerie Magdeburg, Akt. Ges.
Öffentlicher Feuermelder
Althoff, D., Fabrikdirektor Erdg.
Friedrich, R., Kontorbote Erdg.
Lohmann, H., Aufseh. Erdg.
<- Walmbergsweg ->
- 1920er - [nach oben]
In den 1920er Jahren entwickelt sich das Unternehmen zu einer der größten deutschen Zuckerraffinerien.
Aus Rohzucker stellt die Raffinerie alle Arten von Weißzucker her:
- gemahlener Melis
- gemahlene Raffinade in verschiedenen Körnungen
- Kristallzucker
- Brode (Hutzucker)
- Würfelzucker
- Viktoria-Kristalle
- Puderzucker.
Neben den bereits erwähnten eigenen Eisenbahnwagen unterhält die Firma auch einen umfangreichen Fuhrpark aus Pferdegespannen und LKWs. [1, S.225]
- 1929 - Ausgabe neuer Aktien. [nach oben]
- 1941 - [nach oben]
Magdeburger Adressbuch 1942:
Zuckerraffinerie Magdeburg Actien-Gesellschaft, Halberstädter Straße 183.
Halber 177 (Villa):
E: Raff.
NSV-Tag-und-Nachtheim für Säuglinge. (NSV = Nationasozialistische Volkswohlfahrt)
Halber 179:
E: Raff.
Flohr, H., Inv.
Rönisch, W., Prokurist.
Siegmund, E., Kaufm. Angest.
Halber 181 existiert nicht.
Halber 183 (Villa):
E: Zuckerraffinerie Magdeburg Akt. Ges.
Öffentlicher Feuermelder.
Betriebskrankenkasse der ZRM AG.
Handelsreg.:
Zuckerraffinerie Magdeburg Actien-Gesellschaft, Halberstädter Straße 183.
Vorstand: Direktor Hermann Fasol u. Direktor Curt Pfannenberg.
Prok. Magda Bening und Willibald Röhnisch.
Pfannenberg, Curt, Geschäftsführ., Gr. Diesdorfer Str. 231.
Fasol, Hermann, Betr. Direkt., Mittagstr. 16
- 1942 - Ausgabe neuer Aktien. [nach oben]
- 1945 - Schwere Kriegsschäden. [nach oben]
Die Produktionsanlagen werden durch einen Bombenangriff am 14.02.1945 fast vollständig zerstört, das Lager gerät in Brand.
Auch die Direktorenvilla wird getroffen und unbewohnbar. Sie muss nachfolgend abgerissen werden.[3, S.129]
- 1947 - Zeitungsmeldung Neues Deutschland: [nach oben]
"Zuckerindustrie baut auf
Magdeburg (ADN). Die Zuckerrafflnerie Magdeburg-Sudenburg, deren
Produktionsanlagen während des Krieges weitgehend
zerstört wurden, hat einen großen Teil der
Fabrikationsstätten wiederaufbauen könne..."
Quelle: 01.11.1947 /
Wirtschaft (aus Neues Deutschland)
- 1948 - Neustart [nach oben]
Nach Behebung der Kriegsschäden nimmt die Magdeburger Zuckerraffinerie am 02. Oktober 1948 ihre Arbeit wieder auf.
"Die letzte Kampagne erfolgte 1948."[1, S.225]
Verstaatlichung: - VEB Zuckerfabrik "Hermann Danz" Magdeburg,
später als "Betrieb III Zuckerraffinerie "Hermann Danz" des VEB Zuckerfabrik "F. C. Genthin" weitergeführt.
- 1950 - [nach oben]
Adressbuch 1950/51:
Branchenbuch (Teil IV des Adr.):
"Vereinigung Volkseigener Betriebe der Zuckerindustrie
Zuckerraffinerie Magdeburg,
Halberstädter Str. 183
...
Betr.-Nr. 67/311/1003"
- 1958 - Kühlturmbau. [nach oben]
Original-Bildunterschrift:
"Zentralbild-Biscan 9.9.1958 Vor Beginn der Zuckerkampagne. Neuer Kühlturm für Zuckerraffinerie.
In der Zuckerraffinerie "Hermann Danz" in Magdeburg sind die Vorbereitungen für die diesjährige
Kampagne im vollen Gange. Zu den wichtigsten Neubauten dieses Jahres gehört ein neuer Kühlturm,
der doppelt so groß wird wie der Bisherige. Die Werktätigen des Reichsbahn-Stahlbau Desau, des
VEB Spezialbau Leipzig und der Zuckerraffinerie selbst haben sich die Aufgabe gestellt, den Kühlturm
bis spätestens 5. Oktober fertigzustellen. UBz: Arbeit über dem Schutznetz. Die Stahlbauschlosser
Wolfgang Rowald (links) und Herbert Hoppe bei der Arbeit am Stahlgerüst."
"Um 1958 sind zahlreiche Fabrikgebäude neu errichtet worden."[1, S.225]
- Zuckerstraße? Seit wann?
- Produktverpackungen aus der DDR-Zeit -. [nach oben]
- 1966/67 - [nach oben]
Bis hierhin Verarbeitung von Rohzucker aus der Magdeburger Börde.[3, S.127]
Zuckerproduktion wird eingestellt. Ein bestehendes Forschungslabor wird weiterbetrieben.
Auf dem Gelände wird bis 1990 nur noch Würfelzucker verpackt.[1, S.225]
- 1990 - [nach oben]
Die Grundstücks-Verwaltungs-Gesellschaft (GVG) übernimmt das Gelände nach Privatisierung.
Hauptnutzer ist heute (Stand 2007) ein Asia- und Orientalmarkt.[3, S.127]
- .... - [nach oben]
Gründung bereits 1843, AG seit 1882. Die
Raffinerie verdankte ihre Existenz der Tatsache, dass damals viele
kleine Zuckerfabriken in der Veredelungsstufe beim Rohzucker
endeten, da sich für sie eine eigene Raffination nicht lohnte.
In der Raffinationsanlage in Magdeburg-Sudenburg
(Halberstädter Straße) wurde auf der Basis von
Lohnverträgen der (braune) Rohzucker der angeschlossenen
Zuckerfabriken der Magdeburger Börde zu Weißzucker
raffiniert und dann vermarktet. Das Aktienkapital war zu einem
Großteil im Besitz der Magdeburg-Braunschweiger
Rohzuckervereinigung, ansonsten auch in Magdeburg (ab 1934 Leipzig)
börsennotiert. 1948 in der DDR enteignet und als VEB
Zuckerraffinerie “Hermann Danz” fortgeführt. Die
AG selbst wurde 1963 nach Einbeck verlagert (wohin der letzte
AR-Vorsitzende der Raffinerie Karl Büchting zuvor schon auf
Betreiben der britischen Besatzungsmacht die u.a. von seiner
Familie geführte Zuckerfabrik Klein-Wanzleben verlagert hatte,
die heutige KWS Kleinwanzlebener Saatzucht AG). Anschließend
in eine GmbH umgewandelt.
Quellen:
- [1] - Heft 78/II/03: Sabine Ullrich, "Industriearchitektur in Magdeburg - Brauereien, Mühlen, Zucker- und Zichorienindustrie", Stadtplanungsamt Magdeburg, 2003
- [2] - Lüder Bruse, Guntwin Bruhns, "Magdeburg, Zentrum des Rübenzuckers, 1839 bis 1939", Verlag Bartens - Berlin, 2005, ISBN 3-87040-105-2
- [3] - Nadja Gröschner; Dieter Niemann, "Eine Straße mit Charakter und Geschichte, Die Halberstädter Straße in Magdeburg", dr. ziehthen verlag Oschersleben, 2007
- [4] - Magdeburger biografisches Lexikon: Beuchel, Julius Wilhelm
Fundstellen:
Actien-Zuckerfabrik Niederndodeleben
Herstellung und Vertrieb von Zucker, dessen Nebenprodukten und
Futtermitteln sowie Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und
aller damit zusammenhängenden Geschäfte, auch Beteiligung
an ähnlichen Unternehmungen. Gegründet 1871. Firma
lautete bis September 1937: Actien-Zuckerfabrik zu
Niederndodeleben, danach: Zuckerfabrik Niederndodeleben, AG.
1937/38 Bau einer Schnitzeltrocknung. Beteiligung (1943):
Zuckerraffinerie Magdeburg AG, Magdeburg-Sudenburg. Diese nahm die
Gesellschaft 1945 neben 8 weiteren Zuckerfabriken auf, 1950/1951
Zusammenschluss zur VVB Zuckerraffinerie Magedeburg. Die letzte
Kampgne in Niederndodeleben fand im Herbst 1956 statt. Danach
diente das Betriebsgelände als Wirtschaftshof der LPG Clement
Gottwald, seit 1990 Agro Bördegrün GmbH und Co. KG.
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