Persönlichkeiten der Sudenburger Geschichte

Georg Becker
Georg Becker
Bild: © M. Mahrenholtz, Braunschweig

######### Georg Becker #########

Fabrikant

(* 01.09.1878 in Amsdorf; † 19.01.1953 in Magdeburg)

Georg Becker war ein sozial engagierter Sudenburger Fabrikant, Magdeburger Stadtverordneter und ein aktives Mitglied des Gemeindekirchenrates der evangelischen Sudenburger St. Ambrosiusgemeinde.

Informationen zur Firmengeschichte: Maschinenfabrik Georg Becker & Co. 

Leben:

Ausbildung
Ernst Georg Becker wird als Sohn des Landwirts Gottlob Becker und dessen Ehefrau Hilde Becker, geborene Ackermann, in Amsdorf (Mansfelder Seekreis) geboren, wo er mit fünf Geschwistern aufwächst. Er besucht die Schule in Eisleben und erhält eine der heutigen Realschule vergleichbare Bildung. Nach Abschluss der Schule absolviert B. eine kaufmännische Lehre in der "Maschinenfabrik Gebrüder Commichau" in Magdeburg-Sudenburg. Der Betrieb beschäftigt ca. 150 Mitarbeitern und ist auf die Produktion von Förderanlagen (u.a. Transportspiralen) spezialisiert. Nach Ableistung seines Militärdienstes beim 1. Garde-Feldartillerie-Regiment in Berlin kehrt B. nach Magdeburg zurück und erhält eine Angestellung im ehemaligen Ausbildungsbetrieb. Fleiß und Fachkompetenz lassen ihn bis zum Geschäftsführer des Betriebs aufsteigen. Neben seiner kaufmännischen Tätigkeit zeigt B. auch starkes Interesse am technischen Bereich. Als Autodidakt bildet er sich auch in den Werkhallen beständig weiter und erarbeitet sich ein fundiertes technisches Fachwissen.

Am 10.09.1904 heiratet Georg Becker die Magdeburgerin Toni (Tonie) Hoppe (* 30.01.1882; † 29.04.1962). Als erstes von drei Kindern wird am 16.10.1905 Sohn Georg jun. geboren. Die kleine Familie wohnt zu diesem Zeitpunkt in einer bescheidenen Mietwohnung im Haus Halberstädter Straße 94 (heute wäre es Nr. 150).
Anm.: Die Wohnung befand sich in einem für das frühe Sudenburg typischen eingeschossigen Landhaus mit Satteldach und Erker. Die Wohnungen dieser Zeit umfassten Stube, Kammer und Küche. WC und Bad gab es innerhalb dieser Häuser nicht. Nach 1990 wurde das inzwischen baufällig gewordene kleine Haus für den Neubau eines Hotels abgerissen.

1907 wagt Georg Becker den Sprung in die Selbstständigkeit und gründet in Magdeburg-Sudenburg an der Halberstädter Straße 142 (Ecke Ambrosiusplatz) ein Handelsgeschäft, nur wenige Häuser von seiner Wohnung entfernt.

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Becker (rechts) mit Angestellten vor seinem Geschäft
im Haus Halberstädter Straße 142.
(Bild: © M. Mahrenholtz, Braunschweig)
Zum Sortiment gehören unter anderem Elevatorenbecher und Schiffsketten, die Becker von verschiedenen Herstellern bezieht und weiterveräußert. Der geschäftliche Erfolg ermöglicht es der Familie, nach Geburt von Tochter Charlotte (* 24.05.1909) eine größere, modernere Wohnung im Mietshaus der Westendstraße ?? (heute Klausenerstraße 49) zu beziehen.

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Beckers Wohnung im Haus Klausenerstraße 49.
(Aufgenommen am 06.03.2016)

Die Erkenntnis, von den Lieferungen der Herstellern abhängig zu sein, läßt in Becker schnell die Idee keimen, seine Produkte selbst herzustellen. Zur Umsetzung dieser Idee kann er 1910 den Ingenieur Paul Schulz als Teilhaber gewinnen. Die Firma Georg Becker & Co. wird gegründet. Becker erwirbt an der Sudenburger Wuhne ein Ackergrundstück, errichtet eine erste Fabrikhalle und stattet sie mit den notwendigen Maschinen aus.
1911 nimmt die "Maschinenfabrik Georg Becker & Co." die Produktion auf und gewinnt als Hersteller von Förderanlagen schnell an Bedeutung.

1913 erwirbt Becker das Haus und Grundstück Westendstraße 30 (heute Klausenerstraße 29) als neuen Wohnsitz für die Familie. Am 08.07.1919 stellt sich noch einmal Nachwuchs ein: Sohn Hans-Joachim kommt zur Welt.

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Die 1885 errichtete, heute denkmalgeschützte ehemalige Villa
Beckers in der Klausenerstraß 29. Heute bezeichnet als "Villa Westend".
(Aufgenommen am 31.12.2012)

Aus den Anfängen entstand die schnell an Bedeutung gewinnende "Maschinenfabrik Georg Becker & Co." mit Sitz in der Sudenburger Wuhne Nr. 49 - 51, als deren Nachfolgeunternehmen die noch heute tätige "FAM - Förderanlagen Magdeburg GmbH" angesehen werden kann. Becker profilierte das Unternehmen mit seinem technischen Sachverstand bis 1930 zu einer Spezialfirma für Transportanlagen. So wurden insbesondere Anlagen zur Förderung von Massen- und Stückgütern hergestellt, die vorwiegend in der Kohle-, Kali-, Zucker- und Zementindustrie zum Einsatz kamen. Der Betrieb wurde zum Branchenführer in der mitteldeutschen Region.
Bereits 1920 hatte Becker die ebenfalls in Sudenburg im Langen Weg ansässige "Metallwarenfabrik Gebrüder Becker & Co." gegründet, und war nach einer Übergangszeit Alleininhaber dieses Unternehmens. In beiden Betrieben waren insgesamt 300 Beschäftigte auf 40.000 m² Fläche tätig. Im Zuge der Expansion seiner Unternehmen wurden von 1926 bis 1935 auch in einem weiteren Betriebsteil in der Fichtestraße Nr. 29a Transportanlagen gefertigt.
Um seine Betriebe nach den neuesten wirtschaftlichen Erkenntnissen führen zu können, sah sich Becker auch auf internationaler Ebene um. Nach dem Ersten Weltkrieg bereiste er die USA, um sich dort über neue Branchentrends zu informieren. Von dieser Reise brachte er auch neue Werbekonzepte mit, die er in seinem Unternehmen umsetzte.

Gesellschaftliches Engagement
Parallel zu seinen wirtschaftlichen Aktivitäten war Becker im gesellschaftlichen Leben der Stadt Magdeburg engagiert. Er war von 1925 bis 1935 als Arbeitgebervertreter im Vorstand der örtlichen AOK, gehörte einer Vielzahl von Vereinen im Wirtschaftsbereich an und wirkte als Schöffe und Geschworener an den örtlichen Gerichten. Für die Reichspartei des deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartei) war er von 1929 bis 1932 Stadtverordneter im Magdeburger Stadtrat, legte dann aber sein Mandat nieder.
Ab 1942 gehörte er dem Gemeindekirchenrat der Sankt-Ambrosius-Kirche an und engagierte sich in der Kirchengemeinde insbesondere für deren Kindergarten. 1942 übernahm Becker den Vorsitz der Baukommission der Kirchengemeinde.
In seinem Unternehmen gründete er eine Betriebsrentenkasse, die über das Jahr 1945 hinaus bestand.

Zeit des Nationalsozialismus
Während des Zweiten Weltkrieges beschäftigten seine Unternehmen ausländische Zwangsarbeiter, die ihm zugewiesen worden waren. Zur Unterbringung wurde ein ehemaliges Lagergebäude bewohnbar mit Küche und Toilette umgebaut. Da Beckers Betriebe weder vor noch im Krieg direkte Rüstungsgüter produzierten, kam es zu Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung. Becker, der sich nie für den Nationalsozialismus engagiert hatte, beschäftigte in seinen Unternehmen seit 1935 mehrere Personen, die in anderen Betrieben aufgrund gewerkschaftlicher, kommunistischer oder sozialdemokratischer Betätigungen ihre Anstellung verloren hatten.

Nachkriegszeit
Das Ende des Zweiten Weltkrieges und der folgenden Besatzung in Deutschland brachte für Becker besonders tiefe Einschnitte. Bereits 1945 wurde seine Villa Westendstraße Nr. 29 von der sowjetischen Stadtkommandantur beschlagnahmt. Becker musste mit seiner Familie das Gebäude binnen 24 Stunden räumen und wohnte danach in dem ehemaligen Gebäude der Zwangsarbeiter. 1949 wurde er wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen verhaftet. Ihm wurde zum Vorwurf gemacht, dass er im Jahr 1946 der "Alsenschen Zementfabrik" in Itzehoe bereits 1944 produzierte und von der Firma bezahlte Ersatzteile für eine Förderanlage geliefert hatte, ohne eine behördliche Genehmigung einzuholen. Ein ausdrückliches Lieferverbot war jedoch nie ausgesprochen worden. Den Anschuldigungen lag die Denunziation eines Angehörigen der eigenen Belegschaft zugrunde. Es folgte eine Untersuchungshaft und ein politisch motivierter Prozess. Noch vor Abschluss des Strafverfahrens wurde Becker entschädigungslos enteignet. Zuvor war bereits sein Sohn, Georg Becker junior, der Teilhaber des Unternehmens war, ebenfalls enteignet worden. Das Strafverfahren endete 1951 mit einem Freispruch. Über die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision wurde nicht mehr entschieden, da Becker inzwischen gestorben war.
Der Pfarrer der örtlichen Kirchengemeinde hatte sich für die Freilassung des bereits 71-jährigen Becker aus der Untersuchungshaft eingesetzt. Becker litt gesundheitlich stark unter der Haft und starb 74-jährig letztlich an deren Folgen. Er wurde auf dem Alten Sudenburger Friedhof beigesetzt.

Das Unternehmen nach Beckers Tod
Im Jahr 1954 bildete die DDR aus den Betrieben Beckers und den ähnlich ausgerichteten Unternehmen Sudenburger "Maschinenfabrik Emil Wieger" und "A. W. Mackensen" im Stadtteil (Neue Neustadt) den "VEB Schwermaschinenbau 7. Oktober". Dieser Betrieb produzierte bis 1990 an zwei Standorten in Magdeburg Förderanlagen und belieferte vorrangig die osteuropäischen Länder. Seit 1993 produziert am Standort Sudenburger Wuhne die "FAM - Förderanlagen Magdeburg GmbH", die zu den größten privaten Arbeitgebern in Magdeburg gehört.
Die ehemalige Villa Beckers in der jetzigen Klausener Straße wurde nach 1994 an die Familie zurückgegeben. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude wurde von der Familie saniert, später verkauft.

Ehrung
Mit Beschluss des Magdeburger Stadtrates vom 6. Juli 2006 erhielt eine in Sudenburg neu zu benennende Straße den Namen Georg-Becker-Straße. Zur Ehrung Beckers, der sich auch sozial und kirchlich stark engagierte, beschließt der Magdeburger Stadtrat eine neue Straße in Sudenburg nach ihm zu benennen: Die Georg-Becker-Straße zweigt von der Friedenstraße ab.

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Literatur
Deutscher Wirtschaftsverlag, AG (Hrsg.): Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft. Band 1, Berlin 1931.

Quellen:

Weblinks:

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aktualisiert: 29.10.2019

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