Die Chronik von Sudenburg

Fundsachen:

Das Judendorf.

Chronik:

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... [...]

  Handel...

Die jüdische Siedlung ist die älteste südliche Vorstadtsiedlung Magdeburgs und wurde im 9. oder 10. Jahrhundert gegründet. Sie unterstand erst den deutschen Kaisern und ging nach Gründung des Erzbistums Magdeburg in dessen Besitz über.

 
957 Mit Zunahme der Bedeutung Magdeburgs als Handelsplatz siedeln sich jüdische Händler und Kaufleute südlich von Magdeburg an und gründen eine eigene Siedlung im Suburbium: Das Judendorf.    
979 Erzbischof ??? lässt sich vom Kaiser Otto II lässt sich die Jurisdiktion über die Stadt Magdeburg und das Judendorf bestätigen und jedem kaiserlichen Beamten die nur dem erzbischöflichen Voigt zustehende Ausübung der Gerichtsbarkeit untersagen.   Hoff1, S. 46
       
1213 Im Zuge einer Belagerung Magdeburgs durch Truppen des Kaisers Otto IV., wurde wie die anderen Vorstadtsiedlungen auch das Judendorf komplett verwüstet, danach neu errichtet.

Während einer Belagerung Magdeburgs, durch Truppen des Kaisers Otto IV, brandschatzten diese Truppen rund um die Magdeburger Altstadt. Viele Siedlungen wurden teilweise oder komplett zerstört und mussten wieder aufgebaut werden: Im Norden u.a. die bereits mit einer Mauer umgebene Neustadt und das Dorf Frose, unmittelbar nördlich der Neustadt an der Elbe gelegen. Die Mühlen des Erzbischofs vor der Stadt und im Süden der Altstadt die noch unbefestigte Sudenburg, das Judendorf ( [6] S. 236) und der Flecken St. Michael ([11] S.33). Die Einnahme der Altstadt Magdeburg gelang dem Belagerer nicht.

  Richt, S. 33
1261 Erzbischof Rubertus (Ruprecht, 1260-1266) lässt aus fadenscheinigen Gründen die reichsten Juden festsetzen, um Lösegeld für seine klammen Kassen zu erpressen. Zusätzlich wurden dann auch noch ihre Häuser geplündert und all ihre Wertsachen geraubt.   Hoff1,  S. 183
1301 am Mittwoch nach Ostern, fielen die Magdeburger Bürger über das Judendorf her, plünderten es und ermordeten viele der Bewohner. Eine bei einem Juden dienende christliche Magd hatte ausgesagt, „dass die Juden sich das Bild eines Gekreuzigten gemacht und Christum in diesem Bilde gleichfalls noch einmal gekreuzigt hätten“.   Gruhl1, S. 328
1312 20.11.: Erzbischof Burchard verkauft zur Tilgung seiner Schulden vier diesseits des Judenfriedhofs (“Judenkevers“) gelegene Ackerstücke, die das Kloster Berge ihm überlassen hatte, den Juden von Magdeburg, die in der Sudenburg wohnten.

Anm,: Der Jüdische Friedhof wird hiermit erstmals urkundlich bezeugt. Er lag hinter dem zum Kloster Berge gehörenden Dorf Buckau an der Elbe, vor der damaligen Mündung der Sülze. Mit diesem erworbenen Land wurde der Friedhof erweitert.

  UBM1, S. 141
1328 ...Judendorfe...   UBM1, Nr. 330, S. 197
1349 Die 1348 in Florenz ausgebrochene Pest erreicht auch Magdeburg. Für die Seuche machte man die Juden verantwortlich. Sie sollen die Seuche angeblich durch Vergiftung von Quellen und Brunnen, sowie durch andere böse Mittel hervorgerufen haben. Der „fanatische Pöbel“ fiel über das Judendorf her, plünderte es und verbrannte die Häuser samt deren Bewohner.    Hoff1,  S. 256
1357 brach die Pest erneut aus. Wieder wurden die Juden dafür verantwortlich gemacht und verfolgt.   Hoff1,  S. 260
1363 Engste Berater des Erzbischofs Dietrich sind Nicolaus von Bismarck und ein Jude Namens Schmul (Smoll).   GBl3, S. 78
1372 21.04.: Erzbischof Peter stellt die Bewohner des Judendorfes für drei Jahre unter seinen Schutz und verspricht, „dass sie nur vor ihrer Schule gerichtet werden sollen.“   Wüst, S. 208
  Als Gegenleistung sind 50 Mark Brandenburgisches Silber pro Jahr zu zahlen.   UBM1, S. 329
1383 10.02.: Das Kloster Berge verkauft den Juden Wessele Gaddzin, Ganowe synem sanen, groten Jacobe, Mosszen synam schwager, Ganowkoyn lutken Gaddzym, Meygeken Montgay van Stasforde, Davite van Goslere synem schwager, Tonidza Ysaak sangmeister und Abraham synem sohn, Ysaac van Angermuende, Gaddzim van Lowborch, Mosseke van Calve und Keven van Borch und der ganzen Judenschaft 2 Morgen Landes diesseits des Judenkevens für 40 Mark.

Anm.: Zur erneuten Erweiterung des Judenfriedhofs.

  UBM1, S. 365f
1384 Einige Juden, die sich unter zugesichertem sicherem Geleit auf dem Rückweg von einem Fest in Weißenfels befanden, wurden von räuberischen Edelleuten des Erzstifts überfallen, misshandelt und ausgeraubt. Ihre Klagen wegen der Verletzung des ihnen zugesicherten Schutzes wurden verlacht und ihnen gesagt, dass sie als Feinde der Kirche nicht unter das Gesetz fallen.    Hoff1, Seite 298f
  Im gleichen Jahr legte man ihnen wieder einmal die „große Sterblichkeit“ in Magdeburg zur Last, überfiel das Judendorf, plünderte es und verjagte die Einwohner. Im folgenden Jahr kamen diese zurück und mussten, für die Erlaubnis das Judendorf wieder bewohnen zu dürfen, dem Erzbischof 1000 und der Stadt Magdeburg 500 Mark Silbers bezahlen.    
1385 25.07.: Erzbischof Albrecht bestätigt den Verkauf von zwei diesseits des Judenkevens belegene Morgen seitens des Klosters Berge an die Judenschaft zu Magdeburg. (Siehe 10.02.1383)   UBM1, S. 390
1388 23.01.: Erzbischof Albrecht bekennt, dass er dem Juden Wessel und seiner Familie 156 Mark schuldig ist und ihm dafür Geleite und Zoll in Gross-Salze versetzt habe.   UBM1, S. 407
1392 30.11.: Erzbischof Albrecht nimmt die Juden zu Magdeburg auf 5 Jahre in seinen Schutz.   UBM1, S. 439
1399 24.06.: Erzbischof Albrecht nimmt die Juden in seinem Judendorf in der Sudenburg für 5 Jahre in seinen Schutz und sagt ihnen für interne Belange eigene Gerichtsbarkeit zu. Die Jüdische Gemeinde zahlt dafür jährlich 40 Mark Magdeburgischer Währung.   UBM1, S. 464ff
1405  21.09.: Erzbischof Günther nimmt die Juden im Judendorfe auf fünf Jahre in seinen Schutz.   UBM2, S. 14
1410 17.01.: Erzbischof Günther stellt den Juden von Magdeburg einen Schutzbrief aus. Ähnlich dem des Erzbischofs Albrecht von 1399.   UBM2, S. 36
1432 02.04.: Erzbischof Günther beschuldigt den Rat von Magdeburg, dass er sich des Judendorfes und der Juden in der Sudenburg und des Dorfes St. Michael bemächtigt habe.   Wüst, S. 261
  07.05.: Der Rat von Magdeburg erklärt, dass er sich des Judendorfes und des Dorfes St. Michael bemächtigt habe, um seinen Schaden zu ersetzen.   Wüst, S. 261
1433 05.11.: In den Verhandlungen über die Beilegung ihres Streites fordert die Stadt Magdeburg vom Erzbischof Günther als Schadensersatz die Verschreibung einer Summe Geldes an der Sudenburg, dem Judendorf, dem Flecken St. Michael und dem Judenfriedhof.   Wüst, S. 261
1434 10.04. Basel: Kaiser Sigismund bedroht die Stadt Madgeburg mit der Acht und einer Strafe von 1000 Goldgulden, wenn sie sich nicht binnen 30 Tagen mit dem Erzbischof Günter verträgt und den auf erzbischöflichem Gebiet vor dem Möllenhof errichteten Bau niederreißt.   UBM2, S. 405]
  27.11.Die Neustadt, Sudenburg, das Judendorf und der Flecken St. Michael werden zum Eigentum des Erzstifts erklärt.   Wüst, S. 209
  08.12.Basel: Das Konzil zu Basel beauftragt eine Kommission von drei Geistlichen, den gegen die Stadt Magdeburg von dem vom Konzil eingesetzten Richtet gefällten Urteilsspruch, wonach sie alle auf erzbischöflichem Terrain erbauten Gebäude und Festungswerke beseitigen, die Vorstädte wieder freigeben und die Kosten des Prozesses bezahlen soll, auszuführen und die Magdeburger zur Erfüllung ihrer Pflicht anzuhalten.   UBM2, S. 447
1435 03.05.Die Schiedsleute zwischen Erzbischof Günther und den Städten Magdeburg und Halle geloben, das diese von Bann und Acht bis zum Tage S. Jacobi gelöst werden sollen.

Fürst Bernhard von Anhalt, Bernhard von der Assenburg und die Räte der Städte Magdeburg und Halle geloben, nach der Lösung vom Bann und der Acht dem Erzbischof und der Geistlichkeit alle Güter zurückgeben zu wollen.

  UBM2, S. 481
  03.05.Der Rat der Stadt Magdeburg verspricht, den von den beiderseitigen Schiedsleuten geschlossenen Vertrag mit dem Erzbischof Günther zu halten.   UBM2, S. 482
  04.05.Die beiderseitigen Schiedsleute entscheiden den Streit zwischen Erzbischof Günther und der Stadt Magdeburg.   UBM2, S. 483
  12.08.Brünn: Kaiser Sigismund spricht die Stadt Magdeburg von der Acht frei, mit welcher sie wegen der Beleidigungen des Erzbischofs Günther belegt war, und verbietet fortan jede Belästigung derselben wegen dieser Vorgänge.    
1442 18.08.Mainz: König Friedrich bevollmächtigt den Kurfürsten Friedrich von Sachsen, den Ritter Leonhard Velseker und Heinrich Herwort, von den Juden in Sachsen, Thüringen, Meissen, Brandenburg etc. zu Merseburg, Magdeburg, Halle etc. den dritten Pfennig als Steuer ihrer Habe zu erheben und darüber zu quittieren.   UBM2, S. 568
1446 18.02.Calbe: Erzbischof Friedrich erneuert den Juden im Judendorfe und der Sudenburg das ihnen vom Erzbischof Günther 1410 gegebene Privilegium.

Anm: Stadtrecht.

  UBM2, S. 591
1466 08.05.Calbe: Erzbischof Johann nimmt die Juden im Judendorf in der Sudenburg und in den anderen Städten des Erzstifts auf 6 Jahre in seinen Schutz und bestimmt ihre Rechte für diese Zeit. Sie erhalten weiterhin ihre eigene eingeschränkte Gerichtsbarkeit. Dafür müssen ihm 100 rheinische Gulden jährlich gezahlt werden.   UBM3, S. 15f
1469

05.09.Calbe: Erzbischof Johann erneuert in einer Urkunde die Stadtrechte der Sudenburg und präzisiert Rechte und Pflichten.

Gültig für alle drei Sudenburger Räte: Sudenburg, St.Michael und Judendorf.

Anm,: Wohl als Reaktion auf die Anfrage der Rates von Sudenburg vom 04.01.1469.

Urkundentext: 1469-Stadtrecht.doc

  UBM3, S. 50ff
1481

16.07.Magdeburg: Erzbischof Ernst bestätigt die Schenkung einer wüsten Stätte mit einem kleinen steinernen Haus im Judendorf in der Sudenburg, am Tor zu Kloster Berge gelegen, seitens des Domherrn Heinrich Hiltermann zur Errichtung eines Hospitals und gibt dem Hospital seine Privilegien.

  UBM3, S. 200ff + Wüst, S. 209
  [Das Armenwesen…, Seite111]: Der Domherr Dr. juris. Hiltermann stiftete das Hospital 1480. Es lag nach einer von Walther beigebrachten Stiftungsurkunge „in der Sudenburg an dem Thore nach dem Kloster St. Johannis des Täufers wärts“.

St. Elisabeth und Gertraud, worin täglich 37 alte Personen gespeist wurden.

  Gruhl10, S. 343
1483 14.10.Calbe: Erzbischof Ernst nimmt Meyger, den Juden von Stassfurt, auf 6 Jahre in seinen Schutz und gestattet ihm im Judendorf in der Sudenburg zu wohnen, wofür er jährlich 2 Gulden Schutzgeld zu zahlen hat.    
1492 19.05.Abraham und Kanolt, Vorsteher der Juden im Judendorf, schreiben an Erzbischof Ernst wegen des Streitfalles mit den Barfüssern.

Urkundentext: 1492_05_19_Judenstreit_1.doc

  UBM3, S. 450f
  25.05.Bericht des Möllenvogts Hans Reynhart über den Judenkrawall und die Verhandlungen deswegen mit dem Rate der Stadt.

Urkundentext: 1492_05_25_Judenstreit_2.doc

  UBM3, S. 451ff
  03.06.Der Möllenvogts Hans Reynhart schreibt an den Erzbischof Ernst über die Beleidigung eines Barfüssers durch zwei Juden.

Urkundentext: 1492_06_03_Judenstreit_3.doc

  UBM3, S. 451ff
1493

Der Magdeburger Erzbischof Ernst verfügt die Vertreibung der Juden aus dem Judendorf und dem ganzen Erzbistum Magdeburg.

Die Synagoge wurde in eine Marienkapelle umgewandelt und das „Mariendorf“ mit der Sudenburg vereinigt. „Von dem zerstörten Gottesacker der Juden liegen noch heute in einzelnen Straßen Magdeburgs die hebräischen Leichensteine zerstreut an den Ecken.“

   Richt, S. 65
  Es wird von 150-200 vertriebenen Personen ausgegangen.   Menschen im späten Mittelalter, Werner Freitag, Historische Kommission für Sachsen-Anhalt, Böhlau Verlag Köln Weimar, 01.09.2002 - 242 Seiten, S. 47
 

Karl Janicke schreibt in „Ernst, Erzbischof von Magdeburg“ [2]:

„Sein eifrig kirchlicher Sinn zeigte sich auch in der Vertreibung der Juden aus dem vor den Mauern Magdeburgs gelegenen Judendorfe (1493), doch gestattete er ihnen, ihre fahrende Habe mitzunehmen; auch erhielten sie den Erlös aus dem Verkaufe ihrer Grundstücke, welche der Rath der Sudenburg auf erzbischöflichen Befehl erwerben mußte; das ehemalige Judendorf erhielt seitdem den Namen Mariendorf.“

   
  veranlasste Ernst, Erzbischof von Magdeburg, die Vertreibung der Juden. Viele Klagen der Magdeburger brachten ihn gegen die Juden auf. Die Dorfbevölkerung bestand aus über 1400 Personen, die aus dem Gebiet des Erzstifts verwiesen wurden. Die jüdischen Bewohner durften aber ihre bewegliche Habe mitnehmen und wurden auch für ihre Grundstücke entschädigt, die der Rat von Sudenburg den Besitzern auf Befehl des Erzbischofs abkaufen musste. Die Synagoge wurde in eine Marienkapelle umgewandelt, die Siedlung in Mariendorf umbenannt und der Landstadt Sudenburg zugeschlagen. Nach der Vertreibung wurde der Friedhof zunächst Sudenburg zugesprochen, später das Gelände mit dem Kloster Berge aufgeteilt, zerstört und in einen Acker umgewandelt. Die Grabsteine mit hebräischer Schrift wurden verwendet, um Straßen und Häuser zu bauen.   Karl Janicke, „Ernst, Erzbischof von Magdeburg“ in: Allgemeine Deutsche Biographie, Historische Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6, 1877, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, S. 291ff - Hoff1, S. 441
  28.05.Antwort des Bischofs Tilo von Merseburg an Erzbischof Ernst über die Vertreibung der Juden.

Urkundentext: 1493_05_28_Judenstreit_5.doc

  UBM3, S. 467f
  Quittierung des Verkaufs...    
 

„Die ersten Juden siedelten sich im Jahre 957 in Magdeburg an. 1012 existierte bereits eine größere Judengemeinde in Magdeburg. Während der Zeit des ersten Kreuzzuges Ende des 11. Jahrhunderts wurden die Juden auch in Magdeburg verfolgt und ermordet.

1146 kehrten die Überlebenden zurück; 1215 führte Kaiser Otto IV. einen Krieg gegen Magdeburg und den Erzbischof Albrecht II., wobei das Judendorf geplündert und zerstört wurde. Später wurde es auf Kosten der Juden wiederaufgebaut. 1261 wurde das Judendorf ein zweites Mal ausgeplündert und zerstört, weil Erzbischof Ruprecht die leere Staatskasse auffüllen wollte. Die Schuld an einer hohen Sterblichkeitsrate im Jahre 1384 schob man den Juden zu, was Verfolgung und Unterdrückung mit sich brachte.
1492 mußten alle Juden Magdeburg verlassen; der Grund dafür waren erneute "Judenkrawalle". Das ehemalige Judendorf wurde nun "Mariendorf" genannt, auch die Synagoge hieß von nun an "Marienkapelle". Die Judenansiedlung war offiziell verboten.
… 1807 bekamen jüdische Mitmenschen die allgemeinen Bürgerrechte zuerkannt. Sie konnten sich ungehindert niederlassen und ihre Religion frei ausleben.“

http://www.laehnemann.de/auschwitz/seite14.htm

   
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aktualisiert: 27.08.2015

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