Die Industrie- und Firmengeschichte Sudenburgs

Firmenblatt: Bearbeitungsstand: 03.05.2023

LPG Sudenburg
(Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Sudenburg)

Firmendaten:

Gründung - Ende: 1960 - 1990
Gründer: Staatlich verordneter Zusammenschluss von Landwirten
Standort(e): Friedenstraße 2: Verwaltung und gemeinsamer Maschinenpark
17 zugehörige Bauernhöfe: 16x in Sudenburg und 1x Lemsdorf

Produkt(e): Landwirtschaftliche Produkte
Bemerkungen:  
Bundesarchiv_Bild_Aussaat.jpg
Bauer Walter Schwalbach bei der Aussaat 1952
(Standort: Kroatenberg, heute "Friedenshöhe").
[Bildquelle: Wikimedia/Bundesarchiv]
Bundesarchiv, Bild 183-15425-0001 / CC-BY-SA 3.0


Historische Originalbeschreibung:
"Sudenburg, Aussaat Zentralbild Biscan 8.7.1952 Aussaat für die zweite Ernte. Um die Futtermittel für seinen immer grösser werdenden Viehbestand zu beschaffen, trifft der Bauer Walter Schwalbach in Magdeburg-Sudenburg in diesem Jahre alle Vorbereitungen dafür, zweimal zu ernten. Kaum hat er das im Frühjahr angebaute Hülsenfruchtgemenge abgeerntet, sät er zum zweiten Male in diesem Jahre u. zw. diesmal ein Wickengemenge. Der Zwischenfruchtanbau ist die wichtigste Voraussetzung für die weitere Vermehrung des Viehbestandes, sagt Bauer Schwalbach."

Firmenchronik:

 - 1960 - Gründung der LPG Sudenburg   [nach oben]

Wie in der gesamten DDR werden auch die Sudenburger Landwirte aufgefordert, sich zu einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zusammenzuschließen. Da es den Sudenburger Bauern Vorteile verspricht, stehen sie der Vereinigung nicht entgegen. Am 06.04.1960 wird die LPG Sudenburg gegründet.
Folgende 17 Betriebe (16 Sudenburger und ein Lemsdorfer) sind Gründungsmitglieder der LPG Sudenburg:

Der zentrale Standort der LPG ist das Grundstück Friedenstraße 2, mit einem kleinen Verwaltungsgebäude, einer Scheune sowie Schuppen und Garagen für die gemeinsamen Werkzeuge, Geräte und Fahrzeuge (Mähdrescher, Traktoren, Anhänger etc). Die für die gemeinsame Arbeit benötigten Maschinen, Fahrzeuge, Geräte und Werkzeuge stammen größtenteils von den Mitgliedern, denen sie durch die LPG abgekauft werden. Weitere Geräte werden durch Verkaufsgewinne der LPG finanziert.

Erster LPG-Vorsitzender wird 1960 Friedrich Lenz, ihm folgen Otto Wipperling (nur kurz), Hans Neils (St.-Michael-Straße, Schwiegersohn des Landwirts Ernst Glade) und schließlich Walter Wagner.
Erster Buchhalter der LPG ist Ernst Schubert. Ihm folgen Grete Hüttel und zuletzt, bis zur Auflösung 1990, Lieselotte Heimbach.

Die Landwirte bewirtschaften nur die Äcker gemeinsam, die Viehwirtschaft wird nicht zusammengelegt. Jeder Landwirt bleibt auf seinem Hof für den eigenen Viehbestand verantwortlich. Zunächst wird morgens das eigene Vieh versorgt, bevor die gemeinschaftlichen Arbeiten beginnen. Schlachtvieh kauft der Städtische Schlachthof (Liebknechtstraße) auf, weshalb sich die LPG-Bauern nicht um die weitere Fleischvermarktung kümmern müssen. Den Verkaufserlös erhält der Bauer direkt.
Ein Grundgehalt beziehen die Bauern nicht, die Bezahlung erfolgt innerhalb der LPG in Naturalien, z.B. Viehfutter oder Getreide. Die Bauern führen Buch über ihre Tätigkeiten, die je nach Schwere unterschiedlich gewichtet sind und sich entsprechend auf ihren Naturalienanteil auswirken. Auch der Mehraufwand des LPG-Vorsitzende erhält wird nicht in Geld, sondern in Naturalien entlohnt. Ein festes Gehalt bezieht nur der Buchhalter bzw. die Buchhalterin aus den LPG-Gewinnen.

Der Motorisierungsgrad der LPG ist anfangs noch gering. Gepflügt wird zwar bereits mit einem Traktor, die meisten Arbeiten (z. B. Aussaat, Transporte) werden aber mit Pferdekraft erledigt. Fast alle Bauern verfügen anfangs über eigene Pferde, die für die LPG-Arbeiten zur Verfügung gestellt werden. Im Laufe der Zeit nimmt die Technisierung aber zu und die Pferde werden nach und nach abgeschafft.

An Feldfrüchten werden hauptsächlich Getreide, Kartoffeln, Zucker- und Futterrüben sowie Futtermais angebaut. Auch ein wenig Gemüse bauen sich die Landwirte für den Eigenbedarf an. Futterrüben und Futtermais werden für die eigenen Tiere angebaut. Die Rübenblätter werden zu Silage verarbeitet und dienen ebenfalls als Futter für den Tierbestand.

Kartoffeln kann der Bürger zu vergünstigten Preisen direkt bei der LPG kaufen, was die Ware sehr begehrt macht. Die Differenz zum Normalpreis wird der LPG durch staatliche Ausgleichszahlungen erstattet.
Der wirtschaftliche Sinn dieser Kartoffelsubventionierung bleibt unklar, auch wie die Mittel für die Ausgleichszahlung erwirtschaftet werden.

Die Zuckerrüben werden nach der Ernte zu großen Haufen am Feldrand aufgeschüttet. Um den Abtransport muss sich die LPG nicht selber kümmern. Während der Rübenkampagne werden die Rüben von externen Kräften auf LKWs verladen und zur Verarbeitung in die Zuckerfabrik gefahren. Anfangs ist die Fabrik in Niederndodeleben das Ziel, später geht es zur Zuckerfabrik Kleinwanzleben.

Da die LPG über keine eigene Dreschmöglichkeit verfügt, wird das Getreide in der Darre Sudenburg, an der Sudenburger Wuhne, gedroschen. Dort steht eine durch eine Lokomobile angetriebene Dreschmaschine zur Verfügung. Wegen der hohen Auslastung der Darre ist dies nur nach vorheriger Terminvereinbarung möglich. Nach Schließung der Darre Sudenburg muss das Getreide zur Verarbeitung nach Olvenstedt transportiert werden, zur letzten verbliebenen Magdeburger Darre. Da eine Weiterverarbeitung des Dreschguts in Sudenburg nicht möglich ist, wird es abgeholt und zum Neustädter Hafen transportiert.

Die Mitgliederzahl der LPG geht im Laufe ihres 30-jährigen Bestehens immer weiter zurück. Einige Bauern versterben oder gehen in den Ruhestand. Ohne geeignete Nachfolger werden nach und nach immer mehr Höfe aufgegeben. Ein Sonderfall ist Bruno Wipperling, der Anfang der 1970er Jahre seine Landwirtschaft am Kroatenweg aufgeben muss. Sein Bauernhof mit Wohnhaus, Scheune und Schuppen steht einer geplanten Neubausiedlung (heute "Friedenshöhe") im Wege und wird abgerissen.

 - 1990 - Auflösung der LPG   [nach oben]

Nach der Vereinigung wird die LPG aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt zählt die LPG nur noch vier Mitglieder:

Noch brauchbare Geräte werden verkauft, um anfallenden Abwicklungskosten begleichen zu können. So müssen z. B. die Autoreifen kostenpflichtig entsorgt werden, die in hoher Zahl zum Beschweren der Abdeckplanen von Miten und Silagen benutzt wurden. Viel zu verkaufen gab es allerdings nicht mehr. Die schwierige Ersatzteilbeschaffung führte dazu, dass viele Geräte und Maschinen nur mit Mühe instandgehalten werden konnten. Ausgediente Geräte dienten als Ersatzteilquelle zur Instandsetzung anderer defekter Geräte. Letztendlich waren die meisten Geräte verschlissen und nicht mehr zu vermarkten.
Das Bauten auf dem Grundstück Friedenstraße 2, Sitz der LPG, wurden abgerissen. Heute ist es mit einem Mehrfamilienwohnblock neu bebaut. Nach der Auflösung der LPG gibt es keinen aktiven Bauern mehr in Sudenburg.
Über die Besitzer der bewirtschafteten Äcker und Wiesen sind keine Informationen vorhanden. Die meisten der Bauern hatten nur Pachtflächen bewirtschaftet, so auch als LPG.

Quellen:

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www.sudenburg-chronik.de - Thomas Garde - CC-BY-SA 3.0 - DE