Die Chronik von Sudenburg

1550 - 1631

Bearbeitungsstand: 04.09.2015

Wiederaufbau bis zur 3. Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg.

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Die Belagerung Magdeburgs zieht sich nach der Zerstörung der Sudenburg weiter hin. Trotz fortlaufender Feindseligkeiten und gegenseitigem Beschuss werden Verhandlungen geführt, die aber für die Magdeburger nicht annehmbar sind und vorerst scheitern.

 - 1551 -   [nach oben]

Im Mai beginnen neue Verhandlungen, die der Magdeburger Magistrat aber wegen völlig überzogener Forderungen ablehnt. Im Juni und Juli werden die Feindseligkeiten fortgesetzt, obwohl man die Unterhandlungen nicht ganz abbrach. Den Reichsständen wurde die Belagerung langsam zu kostspielig und man strebte ein Ende an. Ende August gaben die Kaiserlichen einen Waffenstillstand bekannt.
Nach nun erfolgreichen Verhandlungen (Moritz von Sachsen hatte den Magdeburgern geheime Zugeständnisse gemacht) endet die Belagerung in einem Vergleich, ohne dass die Altstadt militärisch eingenommen wurde. Dieser Vergleich wurde in Form einer Kapitulation Magdeburgs verfasst und unterzeichnet, um das Gesicht des Kaisers zu wahren.
Nach einem Jahr und 7 Wochen war die Belagerung beendet. Sie begann am 22.09.1550 und endete am 09.11.1551. [Richt, S. 126ff]

Zu einem sofortigen Wiederaufbau der Sudenburg kam es zunächst noch nicht. Die Altstädter versucht mit aller Kraft, den Wiederaufbau der beiden Vorstädte Neustadt und Sudenburg zu verhindern.

 - 1552 -   [nach oben]

Churfürst Moritz von Sachsen, als Kaiserlicher Vertreter nach der Belagerung Herr über Magdeburg, lässt in der Neustadt die Stadtmauern, sowie die Türme und Mauern der Nicolaikirche einreißen, damit sie künftigen Belagerern nicht als Schutz dienen können.
Anm.: Das Engagement des Protestanten Moritz von Sachsens für den katholischen Kaiser hatte eigennützige Motive. Insgeheim hoffte er die Stadt Magdeburg und das Gebiet des Erzstifts vom Kaiser übertragen zu bekommen. Sein Engagement FÜR Magdeburg, nach der Belagerung, lässt sich so auch erklären. Der Kaiser machte ihm auch immer wieder Andeutungen und Hoffnungen, aber nur um ihn auf seiner Seite und nicht zum Gegner zu haben. Nach der Magdeburger Belagerung wandte sich Moritz gegen den Kaiser. Er starb 1553 im Alter von 32 Jahren, zwei Tage nach einer siegreichen Schlacht, an einer Schussverletzung.

Um die Aufhebung der Reichsacht zu erreichen, musste sich Magdeburg mit diversen Fürsten und Klöstern vergleichen, die Ansprüche aus der Belagerung und dem Schmalkaldischen Krieg erhoben. Auch mussten alle von Magdeburg konfiszierten Besitzungen zurückgegeben und zusätzlich sehr hohe Entschädigungen gezahlt werden.

 - 1553 -   [nach oben]

Sigismund, Markgraf von Brandenburg, wird neuer Erzbischof (1553-1566).
Anm.: Er ist der letzte vom Papst bestätigte Erzbischof Magdeburgs.

Zur Aufhebung der Reichsacht musste sich Magdeburg nun noch mit Erzbischof und Domkapitel einigen. Vorerst kam jedoch keine Einigung zustande.
Da jedoch die alten Besitzverhältnisse wieder hergestellt waren, unterstanden die beiden Vorstädte nun wieder dem Erzkapitel. Zum Glück für die Sudenburg und Neustadt, denn die Magdeburger konnten den Wiederaufbau der Vorstädte nun nicht mehr verhindern.

Kaiser Karl V. bestätigt die Stadtrechte und Privilegien der Sudenburg. [Gründ, S. 66ff]

 - 1554 -   [nach oben]

03.04.: Die Magdeburger beschließen eine neue Kirchenordnung, die u.a. darauf zielt, die Sittlichkeit strenger zu regeln, den Fortgang der Reformation zu fördern und das Papsttum mehr und mehr zu unterdrücken. In Magdeburg hatte sich zu diesem Zeitpunkt eine sehr intolerante, orthodoxe evangelische Glaubensrichtung durchgesetzt. Widerstand gegen diese Kirchenordnung kam sofort vom erzbischöflichen Official Curio und dem Möllenvogt.
Letzterer nahm seinen Bediensteten in Schutz, der gegen diese neue Kirchenordnung verstoßen haben sollte und sich weigerte, die gegen ihn ausgesprochene Strafe zu akzeptieren. Auch soll der Möllenvogt diese Kirchenordnung zerrissen und in der Kirche mit Füßen getreten haben.
Der Pastor der Sudenburg, Johann König (oder Regius), bestand jedoch auf Bestrafung des Bediensteten und belegte den Möllenvogt mit dem Bann und „übergab ihn dem Teufel“. Der Möllenvogt drohte diesem nun mit der Absetzung und Verweisung. [Rath4, S. 30]

08.08.: Die Magdeburger schreiben an den Magistrat und die Gemeinde der Sudenburg und ermahnen diese dringend, sie sich den verdienten und treuen Seelsorgen vom Möllenvogt nicht nehmen und absetzen zu lassen. Auch sollten sie sich deswegen beim Erzbischof beschweren. [Rath4, S. 30f]

22.09.: Die Absetzung wurde vollzogen. Von Möllenvogt, Rat und Gemeinde der Sudenburg wird ein neuer evangelischer Geistlicher berufen: Pastor Andreas Hoppe.
Zwei Magdeburger Prediger versuchten vergebens, den neuen Pastor der Sudenburg zur Annahme der Kirchenordnung zu überreden. [Rath4, S. 31]
Anm.: Leider ergibt sich aus den Quelle nicht, wann genau die (3.) Ambrosiuskirche errichtet wurde. Die beiden genannten Pastoren predigten aber wahrscheinlich noch in der den Sudenburgern angewiesenen Kirche St. Sebastian, auf dem "Neuen Markt" in der Altstadt.

 - 1554 -   [nach oben]

22.08., Berlin: Ein erster Vergleich zwischen Magdeburg, Erzstift und Domkapitel wird ausgehandelt, aber wegen einiger streitiger Punkte von allen drei Parteien nicht angenommen. Für die Sudenburg enthielt er aber schon wichtige Punkte:

12) Die Sudenburg und Neustadt sollen wieder aufgebaut werden, jedoch den Befestigungswerken nicht zu nahe kommen und ohne Nachteil derselben. Beyde Städte können ihre Nahrung und Gewerbe, wie von Alters her, ungehindert treiben. Auch wollte man ihnen die Freiheit, Wein und fremdes Bier zu schenken, und jährlich einen Jahrmarkt drei Tage lang zu halten, auswirken suchen, soweit es ohne Nachteil für die Jahrmärkte und Privilegien der Altstadt geschehen könne.

13) Die verschüttete Ausfahrt aus der Stadt durch den Möllenhof und die düstere Pforte, sollen binnen zwei Jahren hergestellt, der Torwächter aber dem Erzbischof und der Stadt verpflichtet, auch angewiesen werden, dem Erzbischof sowohl als auch den Bürgern, den Domherren und andern Geistlichen, auch des Nachts freyen Ein- und Ausgang zu verstatten, soweit es nötig wäre und ohne Gefahr der Stadt geschehen könnte.

15) Für die wegen des Befestigungsbaus eingerissenen Häuser zwischen der Sudenburg und der Prälatenstraße soll die Stadt die neuerbauten Häuser bey der Sebastianskirche, und die vier Häuser bei der Paulskirche, dem Domkapitel abtreten, und überdem noch 3000 Gulden bezahlen.

„16) Die dem Erzstifte zustehende Gerichtsbarkeit auf dem Grund und Boden, worauf die neuen Befestungswerke angelegt sind, will der Erzbischof aus gutem Willen der Stadt abtreten, damit sie auf ihren Wällen und in den Stadtgräben überall die Gerichtsbarkeit besitze.
[Rath4, S. 15ff]

 - 1558 -   [nach oben]

29.01., Wolmirstedt: Ein überarbeiteter Vergleich wird geschlossen, der für die Sudenburg folgende neue Regelung beinhaltet:

3) Die düstere Pforte soll höchstens in Jahresfrist wiederhergestellt werden, damit die Domherren, besonders die, welche in der Sudenburg ihre Curien wieder aufbauen, ungehindert zur Stadt aus- und einkommen können.

Nachdem dieser Vergleich beschlossen und ratifiziert war, kommt das Domkapitel zurück in die Stadt und hält am 10.03.1558 zum ersten mal wieder Kapitel. [Rath4, S. ??]

Magdeburg muss als Entschädigung für die eingerissenen Domherren-Kurien auf dem Pralenberg in der Sudenburg 400 Gulden an das Erzstift zahlen.

 - 1560 -   [nach oben]

Erzbischof Sigismund erneuert die Sudenburger Stadtrechte. [Gründ, Anh. E]

 - 1561 -   [nach oben]

Peter Ulner wird neuer Abt des Kloster Berge. Bei seinem Amtsantritt findet er das Kloster zerstört und verwüstet vor. Nur der Prokuraturturm an der Landstraße steht noch, mit dem er sich erst einmal kümmerlich behelfen muss. Er lässt aber schon bald ein neues Abteigebäude und ein massives Tor errichten. 1563 lässt er auch die Klosterkirche neu errichten. Er legte auch eine neue Bibliothek und Schule im Kloster an und führte das Kloster „bald wieder in einen blühenden Zustand“. [Rath4, S. 60f]

02.09.: Kloster Berge verkauft neben einigen Ackerflächen auch den Judenkeven (Judenfriedhof) bei der Sudenburg an den Magdeburger Paul Schultess. [Wüst, S. 44]

06.12.: Der Erzbischof Sigismund erklärt seinen Übertritt zum Protestantismus
und teilt dies dem Magdeburger Magistrat mit. Gleichzeitig erklärt er dass der katholische Gottesdienst im Dom und in den anderen Stiftskirchen nicht wieder aufgenommen wird. Ebenso kündigt er an, die verbliebenen katholischen Klöster und Kirchen des Erzstifts zu reformieren. Die kirchlichen Führer der Erzbistums Magdeburg nannten sich von nun an nicht mehr Erzbischof, sondern Administrator. [Rath4, S. 53]

 - 1562 -   [nach oben]

26.03.: Erzbischof, Domherren und Magdeburger Magistrat einigen sich über die letzten streitigen Punkte ihres Vergleichs. Die Sudenburg betreffen zwei der neuen Einigungspunkte, wobei einer nur eine Präzisierung der bereits 1558 genehmigten Punkte ist:

9) Die Geistlichen sowohl als die Neustädter und Sudenburger können ihr eigenes Brau- und Brennholz zu ihrem Gebrauch ungehindert auf dem Neustädter und Sudenburger Marsch anschiffen, dürfen aber bei Strafe um den dritten Teil des Werths nicht damit handeln. Ihr selbstgewonnenes Korn sollten sie auch zu verfahren berechtigt sein.

15) Die gegenseitige Justizpflege zwischen der Stadt und den Vorstädten sollte den bisherigen Verträgen gemäß eingerichtet werden.

16 17) Eine Niederlage von Korn, Fischwaaren und andern in der Neustadt, Sudenburg, und in den umliegenden Aemtern und Dörfern soll zum Nachteil und Abbruch der Nahrung Magdeburgs nicht gestattet werden, und eben so wenig die Anlegung neuer unberechtigter Brauhäuser.

22) Beym Wiederaufbau der Sudenburg sollte man den Befestigungswerken nicht zu nahe kommen, sondern an denselben einen geräumigen Fahrweg, acht Schuhe breit, frey lassen, und die schon zu nahe daran aufgeführten Gebäude wieder niederreißen. Künftig sollte die Stadt auf erzstiftischem Grund und Boden, ohne Consens des Erzbischofs und Domkapitels, keine neuen Werke anlegen; was aber schon gebauet sey, könnte bleiben.
[Rath4, S. 23ff]
Anm.: Die Machtverhältnisse in der Sudenburg spiegeln diese Verhandlungen sehr gut wieder, da der Sudenburger Magistrat nicht beteiligt oder eingebunden wurde. Durch Punkt 22 wird der Verlust des nördlichen Sudenburger Territoriums endgültig festgelegt, sogar noch um den Fahrweg erweitert.
Im Vergleich zur vorherigen Sudenburg, wurden die Handelsrechte der Vorstädte zugunsten Magdeburgs weiter eingeschränkt.

12.07., Prag: Nachdem sich der Rat von Magdeburg nun mit allen Parteien ausgesöhnt und verglichen hat, wird die Reichsacht über Magdeburg durch Kaiser Ferdinand I. aufgehoben. [Rath4, S. 23ff]

 - 1563 -   [nach oben]

Auszüge aus dem Protokoll einer 1562/63 durchgeführten Kirchenrevision zeigen, dass eine neue (3.) Pfarrkirche St. Ambrosius zu diesem Zeitpunkt bereits errichtet war und auf einen Wiederaufbau der Kirche St. Michaelis verzichtet wurde. Ihr Pfarrbezirk von St. Ambrosius umfasste nun auch den Flecken St. Michael:
"Die Siedlung St. Michael vor der Sudenburg Magdeburg gehört ins Amt der Möllenvoigtei. Diese Leute haben vor der Magdeburgischen Belagerung eine eigene Pfarre und Kirche gehabt, ist verwüstet, gehen itzo in die Sudenburg zur Kirche und hat der Pfarrer daselbst das Einkommen. Zu St. Michael wohnen 100 Hauswirte. (Kirchenvisit. Protok.)" [Wüst, S. 262]

Da der alte Standort durch die Magdeburger Befestigungen überbaut war, wurde die neue Kirche St. Ambrosius im Mariendorf errichtet, etwas südlich des heutigen Fürstenwallparks. Es ist anzunehmen, dass als neuer Standort das Grundstück der zerstörten ehemaligen Synagoge (ab 1493 Marienkapelle) im Mariendorf gewählt wurde. Dieser Bauplatz bot sich an, da er nicht im Besitz eines Sudenburger Hausbesitzers war.
Aus heutiger Sicht müsste die dritte Ambrosiuskirche östlich der Hegelstraße, im Bereich zwischen der Bürgel- und Kepplerstraße gestanden haben. Ein Nachweis des genauen Standortes ist leider nicht überliefert. [Mo1939]

Pfarrer der Sudenburg war zu diesem Zeitpunkt noch immer der 9 Jahre zuvor (1554) eingesetzte, jetzt 43 jährige, Andreas Hoppe (Hoppius). Ordiniert wurde Hoppe 1541 in Förderstedt.
An seiner Lehre hatten die Visitation nicht zu bemängeln. Er wurde jedoch dafür gerügt, dass er wiederholt ohne Erlaubnis verreist wäre und dadurch sein Kirchenamt versäumt hatte.
Diakon war der 26 jährige Johannes Horn, der 1562 nach Sudenburg kam, direkt nach seiner Ordinierung in Wittenberg. [Visit1, S. 34f]

Die erste Sudenburger Schule.
Die Kirchenrevision belegt auch eine erste Sudenburger Schule. Diese erste kleine Schule bot nur Platz für 40 Knaben, die vierteljährlich je 1,5 Groschen Schulgeld entrichten mussten. Mädchen wurde zu dieser Zeit noch nicht unterrichtet.
Auf dem Stundenplan standen die Grundfragen des christlichen (lutherischen) Glaubens, Lesen, Schreiben und lateinische Grammatik. Die Kinder wurden also in der evangelischen Lehre unterrichtet und in die Lage versetzt die Bibel und religiöse Texte zu lesen. Mathematik gehörte noch nicht zu den Unterrichtsfächern und war den Universitäten vorbehalten. Die geringe Kapazität der Schule und das zu entrichtende Schulgeld dürften für arme Familien der Sudenburg ein unüberwindliches Hindernis gewesen sein. [Visit1, S. XXX]

In dieser ersten bescheidenen Schule war als Schulmeister der Küster von St. Ambrosius eingesetzt, der ein Gehalt von 10 Gulden jährlich von der Kirche bezog und aus einem vierteljährlichem "Umgang" je 2 Groschen von jeder Person, was zusammen zusätzlich etwa 6 Gulden ausmachte. [Visit1, S. 34]

Nach den Aufzeichnungen des Möllenvogtes Struve lag die Schule, wie auch die Kirche, das Pfarrhaus, die Küsterei, die Kaplanei und das Haus des Organisten im Mariendorf. Diese erste Schule dürfte auch Namensgeber für Schulstraße im Mariendorf gewesen sein. [Mo1939]

 - 1564 -   [nach oben]

21.02.: Erzbischof Siegmund zieht in den "Krieg"!
Da Siegmund die gebräuchlichen langen Bärte wohl nicht leiden konnte, er selber war wohl auch nicht mit so prächtigem Wachstum gesegnet, startete er an diesem Tag einem Feldzug dagegen. Erste Opfer waren die Grafen zu Mansfeld, bei denen er sich aufhielt. Nachdem ordentlich gezecht wurde, konnte er erreichen, dass die Grafen und alle Bediensteten, die Prediger ausgeschlossen, ihre Bärte bis auf einen Knebelbart zurückschneiden ließen. Nächste Opfer waren, bei einem Besuch in Wolfenbüttel, der alte Herzog Heinrich von Braunschweig, sein Sohn Julius und der ganze Hofstaat. Bei seiner Rückkehr nach Halle beglückte er seine Domherren und Hofleute. Am Mittwoch nach Ostern ließ er den Hallenser Magistrat an seine Tafel bitten. Bevor es ans Speisen ging, war jedoch noch eine Kleinigkeit zu erledigen…
Einige abwesende Magistratsmitglieder wurden nach ihrer Rückkehr direkt im Rathaus "umgeformt". Jetzt machte er ernst: Es erging ein Befehl an alle Mannspersonen im Erzstift Magdeburg und Stift Halberstadt, sich die Bärte abzunehmen und nur die Knebelbärte stehen zu lassen, was auch fast durchgehend geschah.
Die Magdeburger zeigten sich natürlich wieder aufsässig, wollten sich nichts vorschreiben lassen und behielten ihre Haarpracht bei. Ab dieser Zeit kamen die langen Bärte immer mehr aus der Mode und Knebelbärte wurden modern. [Rath4, S. 57f]
Anm.: Immerhin konnte man in dieser Zeit problemlos einen Magdeburger erkennen.

Sommer: Mit der Wiederherstellung der bei der Belagerung ganz verschütteten und mit in den Wall gezogenen düsteren Pforte oder Herrenpforte, hatte man zwar vertragsgemäß 1662 begonnen, sich aber viel Zeit damit gelassen. Als der Erzbischof in diesem Jahr zum Landtag nach Magdeburg reiste, war dieser Zugang zur Sudenburg noch immer nicht fertig gestellt worden. [Rath4, S. 51]

 - 1565 -   [nach oben]

09.09.: Kloster Berge wird Evangelisch.
Abt Peter Ulner vom Kloster Berge tritt zum protestantischen Glauben über und lässt an diesem Tag erstmalig in der Klosterkirche lutherisch predigen. Er ist der erste Prälat im Erzstift, der sein Kloster reformiert. [Rath4, S. 60f]

Ende August: Die bereits in der Nähe wütende Pest erreicht Magdeburg. Sie dauerte bis ins 3te Jahr hinein und fordert alleine in der Altstadt über 4500 Menschenleben. Rath4, S. 59], [GBl1, Teil 3, S. 20]

 - 1570 -   [nach oben]

04.02.: David Kothe belehnt namens des Lorenzklosters Henning Siegersleben zu Magdeburg mit einem Garten vor St. Michael im Vogelsange gelegen gegen 6 Schillinge Zins. [Wüst, S. 262]
Anm.: Als "Vogelgesang"/"Vogelsang" wurden Waldstücke bezeichnet, in denen mit Netzen Singvögel gefangen wurden. In Magdeburg- Neustadt hat sich dieser alte Begriff in der Bezeichnung "Vogelgesang-Park" bis heute gehalten.


Sudenburg um 1572
Sudenburg um 1572, Bildquelle: wikipedia

Der Auszug aus einem Kupferstich von Franz Hogenberg zeigt eine Teilansicht der wieder entstehenden Sudenburg um das Jahr 1572. Die Darstellung der Magdeburger Südbefestigung zeigt im Vordergrund den "Heydeck", das Sudenburger Tor, die "Herrenpforte" und elbseitig den "Gebhard". Die Sudenburg wird noch unbefestigt dargestellt. Rechts oben im Bild erkennt man die Kirche "S.S. Ambrosii und Michaelis", die 3. Ambrosiuskirche.

 - 1576 -   [nach oben]

27.04.:  Im Magdeburger Raum ist ein Erdbeben zu spüren. [Rath4, S. 80]

15.08.: Erneuter Pestausbruch. Wieder sterben viele Menschen. Für die Altstadt werden 676 Todesopfer gemeldet. [Rath4, S. 80]

 - 1581/82 -   [nach oben]

Erneut bricht die Pest in Magdeburg aus. Bis Sommer 1582 starben daran in der Altstadt alleine über 1800 Menschen. [Rath4, S. 95]

 - 1582 -   [nach oben]

Der nach Papst Gregor XIII. benannte „Gregorianische Kalender“ wird eingeführt,
um den „21. März“ wieder der astronomischen Lage anzupassen. Es wurde festgelegt:
Auf Freitag, den 04.10.1582 folgt Freitag der 15.10.1582. Die dazwischen liegenden Tage „fanden nicht statt“.
Dies galt nur für die katholische Welt, die protestantischen Gegenden lehnten die Umstellung ab und führten erst 1699 einen Verbesserten Kalender ein, der die Schaltjahre besser berücksichtigte. Im Herzogtum Brandenburg wurde die Neuregelung am 18.02.1700 eingeführt. Der nächste Tag war dort dann bereits der 01.03.1700.
Alle Geschichtsdaten bis 1700 sind also zu hinterfragen, da sie aus heutiger Sicht möglicherweise um 10 Tage verschoben sind.

 - 1592 -   [nach oben]

Erneuerung der Sudenburger Stadtrechte
durch Marktgraf Joachim Friederich von Brandenburg (Lutherischen Administrator von 1566-1598). [Gründ, Anh. F]

 - 1598 -   [nach oben]

Marktgraf Christian Wilhelm von Brandenburg wird lutherischer Administrator (1598-1631) des Erzstifts Magdeburg.
Die Magdeburger erkennen ihn jedoch nicht an, da ihm die kaiserliche Bestätigung fehlt. [Wikipedia]

Dieses Jahr zeichnete sich durch heftige Stürme und ein Erdbeben aus, das man in ganz Sachsen, bis in die Lausitz, spürte. [Rath4, S. 114]

Sudenburg um 1600
Ansicht von Sudenburg um 1600, Bildquelle:  wikipedia

Dieser Teilausschnitt des Ölgemäldes eines holländischen Künstlers zeigt die direkt an die Magdeburger Altstadt anschließende Sudenburg. Das (komplette) Gemälde ist im Kulturhistorischen Museum Magdeburg zu bestaunen.

Rechts im Bild erkennt man den Magdeburger Dom und die direkt anschließenden südlichen Befestigungsanlagen mit dem Rondell "Gebhard" (später Cleve). Südlich angrenzend liegen der Stadtgraben und der 1562 ausgehandelten "geräumigen Fahrweg". Dieser Streifen war bis zu den Abrissen durch die Magdeburger (1545/46) Sudenburger Stadtgebiet. Elbseitig lagen darin einige Domherrenkurien des "Pralenberg", dahinter die (2.) Kirche St. Ambrosius mit ihrem Kirchhof, einige Stadthäuser und an der westlichen Grenze das Kloster der Karmeliter.

Die Darstellung der Sudenburg auf dem Gemälde ist eher "relativ" zu verstehen. Die Stadttore sind als bloße Öffnungen in der Stadtmauer dargestellt. Auch die Darstellung der Wohngebäude dürfte nicht unbedingt der Realität entsprechen. Bei der als St. Michael bezeichneten Kirche handelt es sich um die 3. Ambrosiuskirche, die aus heutiger Sicht etwas südlich des Fürstenwallparks lag. Überlieferte Bezeichnungen der Kirche sind "S.S. Ambrosii und Michaelis" und "St. Michael und St. Ambrosii".

 - 1610 -   [nach oben]

Erneuerung der Sudenburger Stadtrechte
durch Marktgraf Christian Wilhelm von Brandenburg (Lutherischen Administrator von 1598-1631). [Gründ, S. 9ff]

 - 1618 -   [nach oben]

Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges nach dem „Prager Fenstersturz“ (bis zum „Westfälischen Frieden“, 1648).

 - 1610 -   [nach oben]

Arnold Mengering (* 1596 Halle, † 1647) wird neuer Pfarrer (1624–1627) von St. Ambrosii. [...]

 - 1625 -   [nach oben]

Nach einem Aktenstück des Königlichen Staatsarchivs zu Magdeburg gab es in der Sudenburg 294 waffenfähige Leute, die in 4 Rotten eingeteilt waren: 3 Rotten zu je 70 und eine zu 84 Personen stark. [Beitr1, S. 118]

Oktober: Kaiserliche Truppen unter General Wallenstein rücken ins Erzstift Magdeburg ein. Die Kaiserliche Oberhoheit über das Erzstift wird verkündet.
Die Magdeburger erkaufen sich vom General das Recht, ihre Festungswerke in Richtung der Vorstädte Sudenburg und Neustadt zu erweitern und dafür die nahe stehenden Gebäude abreißen zu dürfen.
Wallenstein hoffte darauf, sich bei günstiger Gelegenheit in der noch teilweise kaisertreuen Stadt festsetzen zu können. Einen Ausbau der Befestigungen sah er für sich daher als vorteilhaft an. [Mo1939, S. 199]

16.10.: Der Sudenburger Rat wird auf das Altstädter Rathaus bestellt und von den geplanten Abrissen in Kenntnis gesetzt. [Mo1939, S. 199]

29.10.: Die Altstädter zwingen die Sudenburger ihnen den Untertaneneid zu leisten und sich in die Altstadt aufnehmen zu lassen. Danach beginnen sie mit der Niederreißung der Gebäude der nördlichen Sudenburg. (Prüfen!!!) [Mo1939, S. 199]
Anm.: Eine andere Quelle nennt den 27.10.1625 als Abrissbeginn (siehe "Fundsachen").

09.12.: Während die Sudenburger den Gottesdienst besuchten, begannen Magdeburger Soldaten mit dem Abrisse der Häuser des nördlichen Sudenburg.
Unter anderem wurden die "dingebank" (die Ratsschenke), die Ratsschreiberei und die angrenzenden Ratseigenen Häuser auf dem Pralenberg eingerissen. (Widersprüchlich! Prüfen!!!)
[GBl37, S. 195]
Anm.: Eine andere Quelle nennt den 27.10.1625 als Abrissbeginn (siehe "Fundsachen").

Vor Beginn der Zerstörungen (1625) durch die Altstädter besaß Sudenburg 300 Gebäude, das südlich angrenzende St. Michael 100. Von der ehemals eher landwirtschaftlichen Prägung hatte sich Sudenburg seit der Zerstörung von 1550 zu einer florierenden Handwerkerstadt entwickelt. Es gab in der Stadt nur noch vier Ackerleute, die auch kein eigenes Land besaßen, sondern Pachtäcker bearbeiteten. Die erfolgreichen Handwerker der Sudenburg und Neustadt machten denen der Altstadt zunehmend Konkurrenz. Dies dürfte, neben den Sicherheitsinteressen der Altstadt, auch ein Grund gewesen sein, warum man sich der beiden eigenständigen Vorstädte entledigen wollte. [Mo1939]

Auf dem Pralenberg (Prälatenberg) standen 68 Häuser. Zu den Hausbesitzern gehörten Amts- und Würdenträger des Doms und des Kloster Berge. Neben der Domvogtei und der Sudenburger Stadtschreiberei, lag hier auch ein Stift des Adelsgeschlechts der von Saldern für "adelige Jungfrauen".

Neben diversen Handwerkern (es gab allein  9 Fleichscharren auf dem Pralenberg) gehörten auch Kunsthandwerker zu den Hausbesitzern: Ein Goldschmied, ein Goldschläger, der Perlensticker. Auch der Bildhauer Christoff Dehne besaß dort ein Haus.

Am Sudenburger Breiten Weg, lag das alte Rathaus. Das alte Haus der Schöffen, die "Dingebank", beherbergte nun die Ratsschenke.

Neben der Ratsschenke sind noch weitere Wirtshäuser überliefert: "Zum blauen Löwen" (beim Hospital St. Elisabeth und St. Gertrudis), "Zur Rose" (beim Sudenburger Tor).

Das kirchliche Zentrum der Sudenburg und die Verwaltung lagen zu dieser Zeit im Mariendorf, dem ehemaligen Judendorf. Dort angesiedelt waren u.a. die (3.) Kirche St. Ambrosius, das Pfarrhaus, die Kaplanei, die Küsterei, das Haus des Organisten, die Schule und das neue Rathaus (in der Reichengasse). Im Südteil, dicht vor dem Flecken  St. Michael, lag das Hospital St. Elisabeth und St. Gertrudis.

Weitere bedeutende Gebäude waren die Gildenhäuser der Tuchmacher, der Schneider und Brauer (auf dem Pralenberg), die Rossmühle, die Marktmeisterei am Siechentor.
Sudenburg war von einer eigenen Stadtmauer umgeben, die über fünf Stadttore verfügte:
Das nordwestliche Tor am Heydeck, das wohl ein Pferdebildnis zierte: "... darin ein Pferd". 
Zur Elbe führten das Elbtor (zwischen Pralenberg und Mariendorf).
Das Abrahamstor (im Mariendorf).
Das Michaelstor grenzte Sudenburg  von St. Michael ab.
Am Ende der Siechenstraße lag das Siechentor, benannt nach dem außerhalb der Mauern liegenden Siechenhof. Auf dem Gelände befand sich zu dieser Zeit das Hospital St. Georgii, betrieben von der Altstädter Seidenkramer-Innung.

Sudenburg um 1600
Sudenburg vor 1631, Bildquelle: wikimedia

Der Ausschnitt aus einem Kupferstich von Matthäus Merian dem Älteren zeigt die Sudenburg vor 1631. Die Lage der Gebäude ist nicht realistisch und wohl ihrer Darstellung geschuldet. Der Stich entstand erst nach der Zerstörung Sudenburgs.

Innerhalb der Stadt sind dargestellt:
4: Das Rathaus
5: St. Elisabetha (Unklar ob es die Kapelle auf dem "Pralenberg" oder das Hospital "St. Elisabeth und St. Gertrudis" darstellen soll).
6: Die Kirche St. Michaeli (St. Ambrosius und St. Michaelis)
Die Nr. 3 kennzeichnet den Siechenhof (das Hospital St. Georgii), hier als Kirche dargestellt, obwohl er nur eine kleine Kapelle besaß. Der Siechenhof lag westlich, außerhalb der Sudenburg.

Was auch auf dieser Darstellung fehlt, ist der südlich vorgelagerte, selbstständige Flecken St. Michael, der mit zur Sudenburg zählte.

"Auf Anordnung des Altstadt-Rates mußten im Spätherbst 1625 und im Frühjahr 1626 die Bewohner der nördlichen Sudenburg ihre Häuser niederreißen, während von Rats wegen das Rathaus, die Rossmühle, der Brauerhof, die Backhäuser und andere öffentliche Gebäude demoliert wurden. ... Der Rat verlangte von den Bewohnern beider Vorstädte und der Domfreiheit, die bisher unter erzstiftischer Hoheit gestanden hatten, den Untertaneneid. Er dehnte damit unter dem Mandat des kaiserlichen Oberbefehlshabers seinen Hoheits- und Rechtsbereich aus. Gleichzeitig entledigten sich damit die altstädtischen Innungen lästiger vorstädtischer Handels- und Gewerbekonkurrenz."
[Asmus1, S. 527f]
Anm.: Leider nennt Helmut Asmus keine Quelle zu den Abrissen "von Rats wegen". Einige der genannten Gebäude befanden sich in der nördlichen Sudenburg (z.B. das Rathaus und die Dingebank mit der Ratsschenke), also im genehmigten Abrissbereich. PRÜFEN!!!

 - 1627 -   [nach oben]

Die Stadt Magdeburg kaufte für 133.000 Taler vom kaiserlichen General Wallenstein die Konzession, ihre Befestigungswerke auf 1000 Schritt weit, von den äußeren Verteidigungswerken an gerechnet, rund um die Stadt herum, ausdehnen und erweitern zu dürfen und alles im Wege liegende wegzureißen. Wallenstein brauchte nach seiner Rückkehr aus Ungarn dringend Geld für seine Truppen. Auch hatte er seine Pläne zur Besetzung der Stadt noch nicht aufgegeben. Der Versuch der Altstadt, gegen Geld, die Städte Neustadt und Sudenburg auch rechtlich in ihren Besitz zu bringen scheiterte jedoch. [Rath4, S. 181]
Anm.: Ein Schritt entsprach im deutschen Raum etwa 71-75 cm, 1000 Schritt also etwa 710-750 Meter.

 - 1628 -   [nach oben]

23.01.: August von Sachsen-Weißenfels (* 13.08.1614 in Dresden; † 04.06.1680 in Halle) wird im Alter von nur 13 Jahren vom Domkapitel als Nachfolger Christian Wilhelms zum (letzten) Magdeburger Erzbischof gewählt.

Januar: Gegen die Versicherung Wallensteins werden Neustadt und Sudenburg mit Einquartierungen kaiserlicher Soldaten belegt, was eine drückende Bürde für die Bewohner ist, weil sie auf eigene Kosten diese Soldaten in ihren Häusern unterbringen, verpflegen und teilweise auch bezahlen müssen. [Rath4, S. 191]

28.03.: Mit 10 eingeschlagenen Pflöcken wurde der Bereich für die Erweiterung der Befestigungsanlagen festgelegt. Die Altstadt erhielt aber von den zugesagten (erkauften) 1000 Schritten nur 77 Ruten zugesprochen, mit der Begründung, den Kaiser über die Art der Bebauung getäuscht zu haben. Die Magdeburger hätten von Strohhütten und Gartenhäusern berichtet, nicht jedoch wahrheitsgemäß von festen Häusern und Höfen. Die Sudenburg büsste somit 77 Ruten ihres nördlichen Territoriums ein. Die verbliebenen Häuser, nördlich der Pflöcke liegenden Gebäude wurden eingerissen. [Rath4, S. 182f]

 - 1629 -   [nach oben]

08.01.: Wallenstein lasst der Altstadt mitteilen, dass sie die Unterhaltung eines kaiserlichen Regimentes in der Stadt übernehmen soll. Trotz Drohungen von kaiserlicher Seite verweigerte die Stadt diese Einquartierungen. Es war deutlich, dass es nicht um die Einquartierungen ging, sondern dass die kaiserlichen Truppen die Stadt in ihre Gewalt bekommen wollten. Die protestantischen Kräfte in der Altstadt hatten sich durchgesetzt, die einen Verlust ihrer Glaubensausübung befürchteten. Trotz einer folgenden Blockade der Stadt blieb diese standhaft, bis Wallensteins Truppen schließlich abzogen. Wallenstein Pläne zur friedlichen Übernahme der Stadt waren gescheitert. [...]

In dieser Zeit hatte der Kaiser, vom Papst und den katholischen Ständen unterstützt, bereits beschlossen, den Protestantismus mit Gewalt zurückzudrängen und den Katholizismus wieder auszuweiten. Forderungen wie die Rückgabe des Erzstifts an die Katholiken u. ä. wurden gestellt. Die Magdeburger brachten den Kaiser durch Verweigerung der Einquartierung und Ablehnung anderer Befehle immer mehr gegen sich auf, bis er sich entschloss hart gegen die Stadt zu handeln. [...]

 - 1630 -   [nach oben]

06.07.: Schweden unter König Gustav II. Adolf greift aktiv für die Protestanten in den Krieg ein. [...]

Kaiserliche katholische Truppen unter dem Oberbefehl von Tilly rücken auf die protestantische Stadt Magdeburg vor und verschanzen sich im Umfeld. Immer mehr Truppen treffen ein und die Belagerung der Stadt beginnt. Der schwedische König entsenden, neben einigen Truppen, den Oberst Dietrich von Falkenberg als Stadtkommandanten nach Magdeburg. [...]

In einigen erhaltenen  Schreiben an den schwedischen König wird über die Versuche berichtet, die Sudenburger Befestigungen zu verstärken:

03.11., von Falkenberg: „Vor der Sudenburg wird ein Hornwerk angelegt, samt redoute um die Windmühle, so davor, bei der Neustadt aber, da solche eine gute Mauer, müssen wir alles bis gegen den Frühling anstehen lassen.“ [Beitr1, S. 349]
Anm.: Hornwerk: Feldbefestigung mit Graben, Redoute: geschlossene Feldschanze.

23.11., von Falkenberg: „Die Neustadt und Sudenburg ist an etlichen Orten noch ziemlich offen, wird jetzt „mit Staketen vermacht“; wir arbeiten fleissig, es hat uns aber an Schaufeln und Spaten gemangelt.“ [Beitr1, S. 353]
Anm.: Staketen sind Holzzäune oder aus Holz gepflochtene Zäune.

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Rekonstruierter Staketenzaun im "Steinzeitdorf Randau"
Aufgenommen im Juni 2014.

06.12.: Von Falkenberg berichtet an den schwedischen König unter anderem über den weiteren Aufmarsch kaiserlicher Truppen und schreibt: Wir bauen aber immer noch täglich, so viel der Winter es erlaubt, besonders auch an der Sudenburg, „die der Situation nach viel bequemer als die Neustadt“. [Beitr1, S. 357]
Anm.: Gemeint ist der Ausbau der Verteidigungsanlagen.

10.12.: Stallmann: "Jetzt liegt der Feind auf benachbarten Dörfern und hat schon etliche Anschläge auf die Vorstädte (Anm.: Neustadt und Sudenburg) gemacht." [Beitr1, S. 368]
Anm.: Johann Stallmann war schwedischer Kanzler u.a. der Magdeburger Stifte. Wegen eines aufgedeckten Mordkomplottes ("Egelner Mordkomplott von 1635"), gegen den schwedischen Feldmarschall Baner, wurde er verhaftet, konnte jedoch fliehen und tauchte für immer unter.

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22.01.: Von Falkenberg berichtet an den schwedischen König über die aktuelle Lage. Unter anderem teilt er erneut mit: „Wir lassen fleissig an der Sudenburg arbeiten.“ [Beitr1, S. 361]

19.04.: Stallmann berichtet in einem Brief an den Schwedenkönig, wegen wenig Volk, Proviant und Pulver sei man entschlossen, „die Vorstädte zu quittieren wie auch den Zoll und die Brücke“. [Beitr1, S. 368]
Anm.: "Volk" steht hier für Kriegsvolk, also Soldaten. Die Situation für Magdeburg und die Vorstädte spitzte sich durch die erdrückende Übermacht der Kaiserlichen und dem fehlenden Entsatz immer bedrohlicher zu.

In der Nacht vom 20. auf den 21.04. wird die Zollschanze, auf der Ostseite der Elbe gelegen, von den Magdeburger Verteidigern geräumt und die Elbbrücke unbrauchbar gemacht. [...]

21.04.1631: Die Vorstädte Neustadt und Sudenburg werden aufgegeben und zerstört,
da nicht genug Truppen in der Stadt sind, um sie halten zu können. Die Neustadt und die Sudenburg werden durch die Altstädter Verteidiger niedergebrannt. Ihre Bewohner und Truppen werden in die Altstadt aufgenommen. [...]

Die brennende Sudenburg 1631
Die brennende Sudenburg
Teilauszug aus einem Gemälde von Johann Philipp Abelin († 1634), Theatrum Europaeum
Bildquelle: wikimedia

Dies war die dritte vollständige Zerstörung der Sudenburg.
Der Großteil ihrer Einwohner kam bei der Erstürmung der Altstadt am 10./20. Mai 1631 ums Leben.

10.05. (20.05.): Erstürmung der Altstadt Magdeburg, die als "Magdeburger Hochzeit" bzw. "Magdeburger Bluthochzeit" in die Geschichte eingeht.
Einen Monat nach der Zerstörung Sudenburgs fällt die Stadt Magdeburg. Den Truppen Pappenheims gelingt es von Nordosten in die Stadt einzudringen. Bei dem erfolglosen Versuch der Magdeburger, die kaiserlichen Truppen zurück zu schlagen, fällt der schwedische Stadtkommandant Dietrich von Falkenberg. Im Zuge der Kampfhandlungen bricht ein verheerender Brand aus, der sich unkontrollierbar über die ganze Stadt ausbreitet. Die eingeschlossenen Soldaten und Bürger werden von den kaiserlichen Truppen gnadenlos niedergemetzelt, verbrennen in ihren Häusern, werden von den Trümmern ihrer einstürzenden Häuser erschlagen, oder ersticken in den Kellern, in denen sie Zuflucht suchten. Die kaiserlichen Truppen wüten drei Tage plündernd und mordend durch die Stadt und kaum jemand kommt mit dem Leben davon. Es kommt zu schrecklichen Gräueltaten gegen die wehrlose Bevölkerung, nicht einmal Säuglinge werden verschont. Einhergehend verbrennt die Stadt fast völlig im Feuersturm. Durch Löscharbeiten der Kaiserlichen im Bereich des Kloster Unser Lieben Frauen, unterstützt durch sich ins (katholische) Kloster geflüchtete Magdeburger, kann zumindest der Bereich um den Dom vor dem Feuer geschützt werden.
In den Dom hatten sich über 1.000 Personen geflüchtet, die dadurch das Gemetzel der kaiserlichen Truppen überlebten. Nach Überlieferung hat der Prediger Bake nach Öffnung des Doms mit seinem Kniefall vor Tilly erreichten können, das deren Leben geschont wurde.
Von den geschätzten 25-40.000 in Magdeburg befindlichen Menschen überleben am Ende nur einige Tausend. Verlässliche Zahlen gibt es nicht, nur Schätzungen. Da eine schnelle Beerdigung der vielen tausend Toten nicht möglich war und man der Seuchengefahr vorbeugen musste, wurden die Leichen der Getöteten einfach in die Elbe geworfen. Da viele verschüttete Tote jedoch nicht geborgen werden konnten, breitete sich in der Stadt ein extremer Verwesungsgeruch aus und es kam doch zu den befürchteten Seuchenausbrüchen, wodurch die Bevölkerung weiter reduziert wurde.

Quellen:

  • [Richt] - Dr. Friedrich "Richter's von Magdeburg kurzgefasste Geschichte der Stadt Magdeburg", Verlag der Richterschen Buchdruckerei, 1834
  • [Gründ] - "Gründliche Anzeige, was es mit den beeden Ertzstifftischen Magdeburgischen Landtstadten Neustadt und Sudenburg-Magdeburg vor eine Beschaffenheit, welche ihre Nachbarin, die alte Stadt Magdeburg augetilget, abgerissen und nicht auffgebauet haben will", 1653
  • [Rath4] - Heinrich Rathmann, "Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrer ersten Entstehung an bis auf gegenwärtige Zeiten", Band 4, Creutz, 1816
  • [Wüst] - Gustav Hertel, Historische Kommission der Provinz Sachsen, "Wüstungen in Nordthüringgau", Otto Hendel, 1899,
  • [Mo1939] - Kersten Rademyn, "Die Hausbesitzer der Sudenburg in den Jahren 1625, 1668 und 1789", in "Montagsblätter": "Blätter für Handel, Gewerbe und sociales Leben. Beiblatt zur Magdeburgischen Zeitung", 1939
  • [Visit1] - Lutherische Kirche in Deutschland, Friedrich Hermann Otto Danneil, "Protokolle der ersten lutherischen General-Kirchen-Visitation im Erzstifte Magdeburg, anno 1562-1564, Band 1", Im Selbstverlag des Herausgebers, 1864
  • [Beitr1] - Dittmar, Max: "Beiträge zur Geschichte der Stadt Magdeburg in den ersten Jahren nach ihrer Zerstörung 1631, 1. Teil", 1885, Niemeyer, Halle
  • [GBl37] - Dr. Walter Möllenberg, "Einige Aktenstücke, das Rathaus in der Sudenburg betreffend", in "Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg", Band 37, 1902, S. 190-195
  • [Asmus1] - Asmus, Helmuth: "1200 Jahre Magdeburg, Band 1, die Jahre 805 - 1631", zweite überarbeitete Auflage, Scriptumverlag, 2005, ISBN 3-933046-15-7

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