Die Chronik von Sudenburg

1933 - 1945

Bearbeitungsstand: 10.01.2021

Von der Machtergreifung der NSDAP bis zum Ende des 2. Weltkriegs.

 - 1933 -   [nach oben]

Machtergreifung der nationalsozialistischen NSDAP. [...]

28.02.: Direkt nach dem Reichtagsbrand werden die kommunistischen und sozialdemokratischen Zeitungen reichsweit auf 14 Tage verboten, am 14. März wurde das Verbot verlängert und schließlich am 28. März auf unbestimmte Zeit festgesetzt.
Dies betraf auch Verlag, Redaktion und Druckerei der KPD-eigenen Zeitung „Tribüne“, die in der St.-Michael-Str. 16 in Sudenburg ihren Sitz hatte. Sie wurde direkt nach dem Reichstagsbrand, Ende Februar, von den Nazis ausgeschaltet. [...]

 - 1930er -   [nach oben]

Neue Wohnsiedlungen mit Ein- und Zweifamilienhäusern werden angelegt.
An der Halberstädter Chaussee, auf Ottersleber Grund, werden die Siedlungen "Georgshöhe" und "Elisengrund" angelegt.
Es entstanden Eigenheime im Bereich der heutigen Cochstedter Straße und an der Halberstädter Chaussee, damals noch zu Ottersleben gehörend.
[...]

Zu dieser Zeit noch zur Gemarkung Ottersleben gehörend:
Nördlich der Halberstädter Chaussee entstand ab 1932 auf dem Kroatenberg die Siedlung Georgshöhe, deren neu angelegte Straßen nach deutschen Piloten des 1. Weltkriegs oder bedeutenden Personen aus dem Bereich der Luftfahrt benannt wurden.
Nach 1945 wurde die Siedlung Georgshöhe, noch vor der Erweiterung durch die in den 1970er Jahren entstandenen Plattenbausiedlung,  umbenannt in "Friedenshöhe".
Da die Straßen bereits vor 1945 teilweise, und nach dem Kriegsende alle umbenannt wurden, fällt mir eine genaue Zuordnung der alten Straßennamen derzeit noch schwer.
In der Siedlung Georgshöhe wurden folgende Straßen angelegt:

[...]

Westlich der Siedlung Georgshöhe entstand ab 1932 (ebenfalls in der Gemarkung Ottersleben) die Eigenheimsiedlung Elisengrund (heute im Vergleich mit dem Stadtpaln von 1946 mit etwas veränderter Straßenführung).
Folgende Straßen wurden angelegt:

Der Stadtplan von 1946 zeigt folgende Straßen: Nach 1945, noch vor der Eingemeindung Otterslebens, wurde die Siedlung Elisengrund umbenannt in Goethesiedlung.
Anm.: Die Reihenfolge der Straßenbenennungen der Siedlung muss noch näher geklärt werden.

 - 1937 -   [nach oben]

Im Gasthof "Zum goldenen Löwen" gründet sich der Sudenburger Harmonika Club. [...]

 - 1939 -   [nach oben]

01.09.: Beginn des 2. Weltkrieges mit dem Angriff Nazi-Deutschlands auf Polen. Wie in ganz Deutschland werden auch in Sudenburg Luftschutzräume für die Bevölkerung eingerichtet. [...]

 - 1940 -   [nach oben]

29.01.: Die NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt eröffnet im Haus Halberstädter Straße 177 ein Heim für Säuglinge und Krabbelkinder mit 45 Plätzen.
Diese 1932 als Verein gegründete Organisation war eine Parteiorganisation der NSDAP, die u. a. darauf abzielte auf die frühkindliche und Jugenderziehung im Parteisinne zu beeinflussen und zu kontrollieren. Viele Wohlfahrtsorganisationen, die nicht der Parteilinie entsprachen, wurden von den Nazis nach 1933 verboten (u.a. die Arbeiterwohlfahrt). Die anderen verbliebenen Verbände (Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Caritas,...) wurden zurück gedrängt. Im Verlaufe des Krieges übernahm die NSV immer mehr Aufgaben der staatlichen Wohlfahrt, so organisierte sie u.a. die "Kinderlandverschickung". [...]

21./22.08.: Britische Flieger werfen nachts erste Bomben auf Magdeburg ab.
Das wahrscheinliche Ziel, die Polte-Werke in der heutigen Liebknechtstraße, wurde verfehlt. Die Bomben trafen auch Sudenburg. Getroffen wurden u.a. Häuser in der Jordanstraße und die Gleisanlagen und Züge nahe dem Sudenburger Bahnhof. Der Angriff kostete drei Menschenleben, sieben Personen wurden verletzt. [...]

 - 1942 -   [nach oben]

Infolge der verstärkten Alliierten Luftangriffe auf deutsche Städte verlassen viele Familien vorsorglich Sudenburg und ziehen aufs Land, besonders Kinder und Frauen. Es werden Häuserbücher geführt, damit nach Luftangriffen bekannt ist, wie viele Personen sich im Haus aufhielten. [...]

 - 1943 -   [nach oben]

18.02.: NS-Propagandaminister Josef Goebbels ruft zum "Totalen Krieg" auf.
Nach der Niederlage von Stalingrad versucht die Nazi-Führung mit dieser Propagandaaktion eine Mobilisierungswelle in Bevölkerung zu erreichen, um das "Kriegsglück" doch noch zu drehen. Alle Männer zwischen 16 und 65, Frauen zwischen 17 und 45 Jahren, werden aufgefordert sich bei den Arbeitsämtern zu melden, um sich Aufgaben zuweisen zu lassen. Besonders Frauen wurden nun verstärkt in der Rüstungsindustrie eingesetzt, da es extrem an Arbeitskräften mangelte. [...]
Anm.: Jeder nicht von der Propaganda geblendete müsste spätestens zu diesem Zeitpunkt begriffen haben, wie sich der Krieg entwickeln würde...

 - 1944 -   [nach oben]

22.02.: Nach über zwei Jahren "Ruhe" beginnen wieder alliierte Bombenangriffe auf Magdeburg. [...]

21.04.: Eine Bombe trifft die Rottersdorfer Straße. Das katholische Pfarrhaus wird dabei fast vollständig zerstört. Die daneben liegende Kirche St. Marien wird am Dach schwer beschädigt und die Kirchenfenster gehen zu Bruch. [...]

06.06.: D-Day!
Alliierte Verbände landen erfolgreich in der Normandie (Frankreich) und kämpfen sich Richtung Deutschland vor. Obwohl der Krieg nun endgültig entschieden ist, gilt für die Naziführung statt Kapitulation der "Kampf bis zum letzten Mann", mit verheerenden Folgen für Magdeburg. [...]

Ende Juni: Bomben treffen die Anlage der Sudenburger Krankenanstalt an der Leipziger Straße. U.a. wird ein großer Teil der Nervenklinik durch eine Luftmine zerstört. [...]

07.10.: Bei einem erneuten Luftangriff wird das dortige Altenheim getroffen und schwer beschädigt. [...]

 - 1945 -   [nach oben]

16.01.: Bei einem groß angelegten alliierten Luftangriff wird die Magdeburger Altstadt durch ein Flächenbombardement in Schutt und Asche gelegt.
Sudenburg bleibt von diesem verheerenden Angriff glücklicherweise verschont. [...]

06.02.: Tragisches Ende einer Trauerfeier.
Während einer Trauerfeier in der Kapelle auf dem Neuen Sudenburger Friedhof vernahm die Trauergemeinde das Sirenensignal für Luftalarm. Die sich nähernden Flugzeuge waren bereits zu hören. Gemeinsam mit Anwohnern aus Nachbarhäusern suchte die Trauergemeinde im Keller des nahen Friedhofswärterhäuschens Schutz.
Das Haus erhielt einen Bombentreffer und über 30 Personen verloren ihr Leben, darunter auch der beliebte junge Geistliche der Ambrosiuskirche, Pfarrer Bruno Spennemann. [...]

10.02.: In der völlig überfüllten Ambrosiuskirche findet die Trauerfeier für die Bombenopfer statt. Die Predigt hielten Pfarrer Zuckschwerdt und der Schwiegervater Spennemanns, Pfarrer Danneil (Johanneskirche). Die Beisetzung Spennemanns erfolgte auf dem Alten Sudenburger Friedhof, die Grabstätte liegt nahe der dortigen Grabkapelle. [...]

03.04.: Ein Bombentreffer zerstört das katholische Schwesternheim in der Braunschweiger Straße. [...]

April: Ein "Todesmarsch" von KZ-Häftlingen führt auch durch Teile Magdeburgs.
Vor den herannahenden feindlichen Truppen wurden einige Konzentrationslager von den Nazis geräumt und die geschwächten Häftlinge in langen Fußmärschen in andere Lager verlegt. Wer nicht mehr weitergehen konnte, zum Teil auch nur stürzte, wurde vom SS-Wachpersonal kaltblütig erschossen. [...]

Todesmarsch-Denkmal
Denkmal für die Opfer des Todesmarsches
auf dem Karl-Liebknecht-Platz.

Zur Erinnerung an die Todesmärsche und zum Gedenken an die Opfer wurde auf dem Karl-Liebknecht-Platz ein Gedenkstein errichtet. Die Häftlinge werden durch eine auf dem Findling angebrachte blauweiß gestreifte Platte mit mittigem Dreieck symbolisiert.
Anm.: Eine Informationstafel zum Denkmal sucht man auf dem Platz bisher (Stand 2015) leider vergebens.

11.04.: Am späten Nachmittag erreichen erste Kräfte der 2. US-Panzerdivision von Westen kommend Magdeburg und beziehen an der Stadtgrenze Stellung. In Groß-Ottersleben eingerückte US-Verbände nehmen Sperren in Sudenburg unter Beschuss. [...]

12.04.: Eine Übergabe der Stadt wird von den Nazibefehlshabern abgelehnt. Es beginnt eine 6-tägige Belagerung und Bombardierung der Stadt. Während dieser Belagerung wird auch das Sudenburger Stammwerk der Firma Polte durch Beschuss und Bombardierungen komplett zerstört. Die Sudenburger Zivilbevölkerung hielt sich in diesen schrecklichen Tagen hauptsächlich in den Luftschutzkellern auf. [...]

13.04.: In den Gefechtswirren gelingt es einer großen Zahl politischer Häftlinge, aus dem Gerichtsgebäude in der Halberstädter Straße zu entkommen. [...]

17.04.: Zwischen 11 und 16 Uhr kommt es zum letzten groß angelegten Luftangriff mit 360 amerikanischen Bombern auf Magdeburg. In Sudenburg wird dabei das Mittelportal und der Ostflügel des Justizpalastes zerstört. Auch die gegenüberliegenden Hauser an der Halberstädter Straße und die an der Einmündung der Leipziger Straße werden zerstört. Ebenfalls zerstört wurden die Opel-Werke, Halberstädter Straße 30. [...]

18.04.: Den amerikanischen Truppen gelingt der Durchbruch durch die starken Verteidigungslinien. Gegen 10:00 Uhr erreichen amerikanische Panzer den Bereich Justizpalast / Polizeipräsidium und stoßen von dort weiter Richtung Altstadt vor. [...]

Durch die amerikanische Besetzung ist der Krieg für die Sudenburger an diesem 18.04.1945 beendet.

Berichtet wird über Auseinandersetzungen zwischen ausländischen Zivilarbeitern und Einheimischen. Auch zu Plünderungen soll es gekommen sein. [...]

19.04.: Die Amerikaner besetzen den gesamten Westteil Magdeburgs, bis an die Elbe. [...]

05.05.: Russische Truppen nähern sich von Osten und besetzen den ostelbischen Teil Magdeburgs. [...]

07.05.: Generaloberst Alfred Jodl unterzeichnet in Reims (Frankreich) die Kapitulation Deutschlands, die Amerikaner gaben es aber erst am 08.05. bekannt. Stalin war außer sich, da dies unter amerikanischer Hoheit geschah und ließ die Unterzeichnung am 08.05. als Inszenierung wiederholen. Keitel unterschrieb aber erst am 09.05. um 00:16. Damit das Chaos perfekt ist gelten dadurch drei Kapitulationstage: Für die Westalliierten der 07.05.1945, für die Deutschen der 08.05.1945 und für die russische Seite der 09.05.1945. FEHLERHAFT! ÜBERARBEITEN!!!!
Mit der deutschen Kapitulation endet offiziell der 2. Weltkrieges (in Europa) und damit die Naziherrschaft.
Offiziell war der Krieg zwar beendet, aber einige deutsche Verbände kämpften weiter, um sich ggf. noch in den Westen absetzen zu können, oder Zivilisten Zeit für den Übergang in den Westteil zu ermöglichen. Mitte Mai schwiegen dann endgültig die Waffen. [...]

01.06.: Die letzten amerikanischen Truppen (der 117. US-Infanterie-Division) verlassen Magdeburg und werden durch britische Truppen ersetzt. [...]

05.06.: Die Siegermächte erklären die politische Kapitulation des Reiches und übernehmen die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. [...]

01.07.: Die Britten räumen Magdeburg und übergeben den Westteil, damit auch Sudenburg, vertragsgemäß an die sowjetischen Truppen. [...]

weiter mit 1945 - 1990

Info:
In den Gehweg vor dem Hauseingang Halberstädter Straße 63, ist ein "Stolperstein" eingearbeitet, der an unsere jüdische Mitbürgerin Hanna Levy erinnert, die in diesem Haus ihren letzten Wohnsitz hatte. Am 26.02.1943 wurde sie von den Nazis nach Auschwitz deportiert und ermordet.


B_1945/Levy_w.jpg
Das Gedenkblatt (PDF-Datei) finden Sie HIER.

Quellen:

Fragen:

Gedenkplatte im Innenhof der ehemaligen Zuckerraffinerie „Hermann Danz“ in der Halberstädter Straße zur Erinnerung an den kommunistischen Widerstandskämpfer Hermann Danz, der 1945 ermordet wurde.
Gibt es die Plakette noch? (Bisher nicht gefunden!)

Gedenk-Relief an der Innenmauer des Schulhofes des ehem. Wilhelm-Raabe-Gymnasiums an der Braunschweiger Straße (zu DDR-Zeiten POS „Martin Schwantes“) zur Erinnerung an den kommunistischen Widerstandskämpfer Martin Schwantes, der 1945 ermordet wurde.
Gibt es die Plakette noch?

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